Neue Initiative gegründet:Fakten statt fühlen

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Bisher ist das Windrad in Hamberg das einzige im Landkreis. Im Forst könnten fünf weitere entstehen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Nach Kritik an den geplanten Windrädern im Forst klagen die Befürworter, dass mit Unwahrheiten gearbeitet werde

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Als Gegner der Windkraft ist Hans Gröbmayr bislang nicht aufgefallen, ganz im Gegenteil. Trotzdem: "Ich hätte die Petition auch unterzeichnet", sagt der Klimaschutzmanager des Landkreises. Gemeint ist eine Online-Stimmensammlung, die sich unter anderem gegen den geplanten Windpark im Forst richtet und seit einigen Wochen für Furore sorgt. Weil sie nämlich mit falschen Angaben Unterstützer anlocke, sagt zumindest Gröbmayr - und so ist auch seine Aussage zu verstehen: Hätte er nur jene Informationen, welche die Initiatoren der Petition unters Volk bringen, wäre er auch gegen den Windpark.

Zusammen mit Altlandrat Hans Vollhardt, dem Kreisvorsitzenden des Bundes Naturschutz Olaf Rautenberg, sowie Jochen Carl und Dieter Mayerl vom Naturschutzbeirat am Landratsamt hat Gröbmayr den Arbeitskreis Pro Windenergie im Ebersberger Forst (AK) ins Leben gerufen. Dessen erstes Ziel: Aufräumen mit Vorurteilen. Diese, so die Mitglieder des AK, würden derzeit gezielt geschürt, die Landkreisbürger sollten gegen die Windkraft aufgebracht werden.

Zum Beweis haben Gröbmayr und die anderen AK-Mitglieder drei Publikationen der Windradgegner unter die Lupe genommen: Eine Pressemitteilung der "Schutzgemeinschaft Ebersberger Forst", das Positionspapier des Vereins "Landschaftsschutz Ebersberger Land", früher "Gegenwind", und vor allem ein Flugblatt, das Mitte August den Weg in viele Briefkästen des Landkreises gefunden hatte. Unter dem Titel "Nieder mit dem Forst" warnen die beiden Schutzgemeinschaften zusammen mit der "Bürgerinitiative gegen die Forstinninger Umfahrung" und dem Kreisverband des Landesbunds für Vogelschutz vor den Rotoren im Forst.

In dem Flugblatt heißt es unter anderem, "der Landschaftsschutz (...) soll ausgehebelt werden", damit stünde "die Integrität des Forstes" in Frage, es drohten "Wirtschafts- und Industrie-Baumaßnahmen wie Umgehungsstraßen und Großwindanlagen". Hintergrund ist, dass der Kreistag ein Gutachten dazu beauftragt hat, wo im Forst fünf Windräder möglich wären. Dort könnte durch eine sogenannte Umzonierung das Landschaftsschutzgebiet aufgehoben werden - aber eben nur dort, betont Gröbmayr. Auf andere Projekte - etwa die Schwaberwegener Umfahrung - habe dies keinen Einfluss. Falsch sei es auch, wenn in dem Flugblatt von 1,5 Hektar Rodungsfläche pro Windrad die Rede ist. "Wir haben das wirklich geprüft", etwa anhand von bereits umgesetzten Projekten, sagt Gröbmayr. Abzüglich der nach dem Bau renaturierten Waldfläche bleiben insgesamt 3,15 Hektar für fünf Windräder, das sei ein "2857-stel der Waldfläche". Und komplett unwahr sei, dass die fünf Anlagen nur der Anfang seien, dass mehr als 33 Windräder im Forst gebaut werden sollen. Die Gegner beziehen sich auf die zu untersuchende Fläche von 1600 Hektar und auf den Meilensteinplan für die Energiewende. Dort ist, in einem von mehreren Szenarien, von mehr als 30 Anlagen die Rede, aber über den ganzen Landkreis verteilt. Und die 1600 Hektar ergeben sich daraus, dass, um den geringstmöglichen Eingriff zu ermitteln, ein großes Gebiet untersucht werden müsse.

"Die Vorwürfe, dass der Forst in Gefahr ist, sind falsch", fasst Mayerl zusammen. Die Behauptungen der Windradgegner seien aber keine Irrtümer, sondern absichtliche Fehlinformationen, davon ist man zumindest beim AK überzeugt. "Es wird so eine Endzeitstimmung erzeugt", sagt Carl. "Fakten spielen gar keine Rolle, das macht mich ein bisschen nachdenklich", sagt Vollhardt, "die Leute werden verunsichert durch suggestive Darlegungen." Vielleicht sogar in guter Absicht, sagt Mayerl, aber "die breite ökologische Entwicklung zu betrachten, fällt vielen Naturschützern schwer". Dies bestätigt Rautenberg. Der BN habe "einen Riesen-Spagat" hinlegen müssen, bei seiner Entscheidung für den Windpark. "Man muss es ganzheitlich betrachten", sagt Carl, ohne Klimaschutz werde genau das eintreten, vor dem die Windradgegner so intensiv warnen: eine Gefährdung des gesamten Forstes, schließlich seien besonders die Fichten von der Klimaerwärmung bedroht. Dass sich der Klimawandel durch lokale Projekte wie den Windpark nicht aufhalten lasse, sei ebenfalls ein beliebtes Argument der Kritiker, so Gröbmayr, und falsch: "Wir müssen unseren Beitrag leisten." Nicht zuletzt gehe es auch um die Energieversorgung der Zukunft, sagt Vollhardt, "die fossilen Energiequellen werden ausgehen".

"Wir sind gegen niemanden, der eine andere Meinung hat", sagt Gröbmayr, "aber sie sollte auf Fakten beruhen." Diese zu kommunizieren, sieht man als wichtigste Aufgabe. Auch mit Blick auf die Kreistagswahl 2020, sagt Vollhardt. Schließlich werde das Gutachten zum Windpark Mitte oder Ende 2019 vorliegen - also genau in die Wahlkampfphase fallen. Bis dahin müsse es gelingen, die echten Auswirkungen und die Notwendigkeit des Windparks darzustellen, sagt Rautenberg - allerdings sei das wohl nicht bei jedem möglich: "Wenn jemand den Klimawandel leugnet, brauchen wir nicht weiter über Windkraft zu diskutieren."

© SZ vom 14.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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