Naturgarten:Die Rettung des Zitronenfalters

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Zeigt, wie man den eigenen Garten naturnah gestalten kann: Reinhard Witt. (Foto: Renate Schmidt)

Der Biologe Reinhard Witt erläutert die Bedeutsamkeit von naturbelassenen Außenanlagen. Es geht auch um die Frage, ob der heimische Kreuzdorn besser für den Artenschutz ist oder die japanische Exotenpflanze

Von Heloise Olufs, Ebersberg

Mit den ersten grünen Pflanzen im Frühling kommen auch wieder besondere Tiere in den Garten. Dann kann man den Zitronenfalter beobachten, der elegant von Blüte zu Blüte fliegt - eine Selbstverständlichkeit für die meisten Gartenbesitzer. Doch lange wird diese Selbstverständlichkeit wohl nicht mehr anhalten: Der Zitronenfalter ist nur eine von vielen hundert Tierarten, deren Heimat bedroht ist. Von wem diese Bedrohung ausgeht und was man dagegen tun kann, erklärte Reinhard Witt, Präsident des Vereins Naturgarten, in seinem Vortrag "Gärten und Biodiversität: Rettet naturnahes Grün Tierarten? Was kann ich beitragen?" am Montagabend im Rathaus Ebersberg.

"Leben und leben lassen" lautet das Motto des Biologen und Gartenbauers aus dem benachbarten Landkreis Erding. In seinem oftmals ironischen Vortrag im gut besuchten Sitzungssaal des Rathauses gab er viele Tipps, wie man den eigenen Garten naturnah gestalten und auch pflegen kann. Außerdem zeigte er anhand vieler Beispiele, wie andere Vorreiter diese Ideen in die Tat umsetzen. Zwei Dinge, die er vor allem unterstrich: Vielfalt und Heimat. "Man muss etwas über die Tiere wissen, die man sieht und auch weiterhin sehen möchte", sagte Witt. Es sei nicht nur wichtig, Futterplätze zu schaffen, sondern die Vielfalt bestehe darin, Paarungs-, Brut-, Nist- und Futterstellen zu ermöglichen. Das Ganze am besten für mehr als nur eine Tierart. Die Raupen des Zitronenfalters beispielsweise können sich nur von Kreuzdorn und Faulbaum ernähren. Gibt es beides nicht, ist die Existenz des Falters bedroht. Und dann müsse man aufhören, Japan zu spielen - "mit all diesen Exoten aus dem Gartenbaucenter", ergänzte Witt. Heimische Wildpflanzen sollten in den Garten, nur so könne man den heimischen Tierarten das geben, was sie benötigten.

Und wenn dann einmal alles hergerichtet ist, mit unterschiedlichen Böden von trocken bis feucht und verschiedenen Dimensionen, dann hält sich dieser Garten laut Witt für eine geraume Zeit. "Das ist dann ein Naturgarten: Haben Sie es richtig gemacht, bleibt er für viele Jahre. Nichts mit winterfest machen." Also um vieles pflegeleichter als der jetzige Garten der meisten - ungefähr "80 bis 90 Prozent weniger Aufwand", erläuterte Witt.

Dennoch weiß er, dass das "eine ganz neue Art zu denken" ist, und "manche Gartenbesitzer dabei an ihre Grenzen stoßen". Oftmals sei die Unwissenheit das Problem. Laut Witt wollen viele die Fotos aus Katalogen von Gartencentern imitieren, ohne zu verstehen, dass diese Pflanzen "noch hybrider, noch teurer, noch nutzloser" sind. Denn sie halten sich weder über einen langen Zeitraum, noch bieten sie den heimischen Tieren Schutz. Ist aber diese Unwissenheit überwunden, seien viele Hobbygärtner bereit zu handeln. Bereits kleine Änderungen sind dabei von Nutzen. "Man kann Leben schaffen, mit nur kleinen Mitteln."

Und wenn man ihn so reden hört, dann zeigt sich, dass Ebersberg diesen Willen zur grünen Veränderung besitzt und bereits bewiesen hat. Seit 35 Jahren schon hält Witt hier seine Vorträge, und es sei nicht er gewesen, der Ebersberg angesprochen habe, sondern Ebersberg habe ihn gefunden. Vor vielen Jahren kam die Stadt auf ihn zu und bat ihn um Hilfe. Seitdem wurden, laut Bürgermeister Walter Brilmayer (CSU), "schon 40 Flächen in der Stadt" naturnah gestaltet. Witt findet, dass Ebersberg "in all den Jahren sehr fleißig" gewesen ist und hofft, dass sich diese Progression nicht einstellen wird. Öffentlich werde viel getan, nun sei es "an den privaten Gärten", dem Verschwinden von vielen Tierarten entgegenzuwirken.

Am Montagabend schuf Witt dafür eine gute Grundlage: Sein Publikum war sehr aufmerksam, viele Besucher schrieben mit und stellten Fragen. Mit einer Art Selbst-Test am Ende, der bestimmen sollte, wie grün der eigene Garten ist, animierte Witt die Zuhörer zur Handlung. Dass der Zitronenfalter auch dieses Jahr wieder in die Ebersberger Gärten kommt, ist nicht ausgeschlossen - zugleich aber auch nicht garantiert.

© SZ vom 14.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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