Nachbarschaftsstreit:Kuriose Kästen

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Warum der Eigentümer dieses Anwesens den Gehweg vor seiner Gartenmauer mit Blumenkübeln versperrt, ist den Passanten nicht klar. (Foto: Christian Endt)

Passanten in der Ebersberger Hochfellnstraße fragen sich, warum ein Anwohner ein Stück Gehweg vor seinem Haus mit Blumenkübeln versperrt? Die Stadt will das nicht genehmigt haben, unternimmt aber auch nichts dagegen

Von Violetta Meier, Ebersberg

- "Bislang war unvollstellbar, dass in dieser gepflegten Wohngegend so primitive Leute residieren, die nicht gelernt haben, fremdes Eigentum zu respektieren und Besitzstörungen zu unterlassen", steht auf einem laminierten Zettel, der an einem Blumenkasten angebracht wurde. Der bepflanzte Kasten ist einer von Fünfen mitten auf dem Gehweg in der Hochfellnstraße in Ebersberg. Der Eigentümer des dazugehörigen Hauses stellte die sperrigen Holzkästen auf dem Bürgersteig vor seiner Gartenmauer auf und klebte den Zettel dazu. Nicht alle Anwohner sind mit dieser Wegversperrung einverstanden - sie müssen, wenn sie die Straße entlang spazieren, vom Gehweg auf die Straße ausweichen. Und das passt offenbar jemandem ganz und gar nicht.

Zwei Mal täglich findet der Hauseigentümer die Blumenkästen demoliert und verschoben wieder. "Das ist Selbstjustiz, irgendjemand schiebt die Kästen weg. Bestimmt ist das jemand aus nächster Nähe", beschwert er sich auf Nachfrage. Seine schriftliche Botschaft ist deutlicher: "Gegen den Vollidioten, der seit Wochen offenbar nichts anderes zu tun hat, als die aufgestellten Blumenkästen tagtäglich hin und herzuschieben und diese dabei beschädigt hat, wurde ein Strafverfahren eingeleitet", schreibt er auf dem laminierten Zettel weiter.

Tatsächlich ist die Sachbeschädigung ein unter Strafe stehender Tatbestand, zu dem sich die Polizei Ebersberg aufgrund laufender Ermittlungen derzeit noch nicht weiter äußern kann. Dennoch stellt sich die Frage: Warum stehen überhaupt Blumenkästen mitten auf dem Bürgersteig?

"Das ist alles erlaubt. Der Gehsteig wurde von der Regierung Oberbayern eingezogen", sagt der Hauseigentümer. Laut der Behörde ist es prinzipiell möglich, dass Straßen oder Teile von Straßen eingezogen, also für nichtig erklärt werden können, wenn sie jegliche Verkehrsbedeutung verloren haben. In der Hochfellnstraße in Ebersberg sowie in den benachbarten Straßen ist als verkehrsberuhigende Maßnahme eine Tempo-30-Zone festgesetzt worden. Damit sei jegliche Verkehrsbedeutung für den Gehweg entfallen, eine Begrünung verstoße daher nicht gegen das Straßenrecht, heißt es auf Nachfrage. Am Blumenkasten ist zu lesen: "Die Regierung von Oberbayern hatte bereits mit einem Schreiben vom 18.05.2015 klargestellt, dass diesem Bürgersteig keine Bedeutung mehr für den Fußgängerverkehr zukommt und dieser deshalb eingezogen wird." Über die weitere Nutzung kann der Eigentümer entscheiden, dieser ist allerdings die Stadt Ebersberg. "Der Gehweg vor meinem Grundstück wurde vom Stadtrat zur Begrünung freigegeben", sagt der Eigentümer des Hauses.

Das allerdings bestreitet Ebersbergs Bürgermeister Walter Brilmayer (CSU). Der Anwohner habe zur Aufstellung der Kästen keine Genehmigung erhalten, sagt er. Ohnehin müsse eine solche Nutzung vom Stadtrat beschlossen werden. Brilmayer räumt allerdings ein, dass es in der Nachbarschaft ebenfalls ein nicht mehr als Bürgersteig genutztes Fleckchen gebe, das von den dortigen Anliegern begrünt werde. Das habe aber nichts mit dem nun in die Kritik geratenen Gehweg zu tun.

Der Hauseigentümer beharrt darauf, Recht zu haben. So habe es durchaus eine Stadtratssitzung mit einem Beschluss zu seinen Gunsten gegeben. Erinnern kann er sich daran, dass auch CSU-Stadtrat Martin Schedo, von Beruf Polizeibeamter, an der Sitzung teilgenommen hätte. Dieser ist allerdings allein von Berufs wegen schon anderer Meinung. "Die Kästen stellen ein Hindernis dar und sind nicht ordentlich beleuchtet, das geht gar nicht", sagt Schedo. Es gebe in der Stadt viele Bemühungen, Barrierefreiheit herzustellen, das kann ich nicht gutheißen." Ohnehin widersprächen die Kästen seiner Grundeinstellung, weil sie schwächere Verkehrsteilnehmer, also Kinder und Fußgänger, behinderten und gefährdeten. Doch der Eigentümer des Hauses bleibt dabei. "Mir wurde das erlaubt und ich habe die Blumenkästen aus optischen Gründen da stehen, ich finde das schön", erklärt er. Mit Folgen muss er zunächst ohnehin nicht rechnen. Der Bürgermeister gedenkt nicht, einzuschreiten. "Für so einen Unsinn haben wir keine Zeit. Wir haben wirklich Wichtigeres zu tun", sagt Brilmayer.

© SZ vom 08.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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