Nachahmenswert:Arkadien im Vorort

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Eine Stromtankstelle gehört auch zu Arkadien, durch das Steffi Strenger Staatssekretär Gunther Adler eine Führung gab. (Foto: Christian Endt)

Staatssekretär Gunther Adler besichtigt in Poing eine Reihenhaussiedlung, die für bezahlbares Wohnen ausgezeichnet wurde

Von Barbara Mooser, Poing

Die Fahnen der Bauträger knattern im Wind, ein Radler hat Mühe, gegen die Böen an der kleinen Gruppe vorbei zu steuern. Einem Teilnehmer des Rundgangs weht der Sturm glatt die Brille von der Nase, eine Kollegin nimmt beherzt den Sprint auf sich, um sie wieder einzufangen. Sturmtief Friederike macht den Bummel durch Arkadien entschieden weniger idyllisch, als es sich die meisten Teilnehmer vermutlich vorgestellt haben. Der Gast aus Berlin zeigt sich dennoch angemessen beeindruckt: "Ich bin durchaus angetan", sagt Gunther Adler (SPD), Baustaatssekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, als sich später alle im warmen, windgeschützten Musterhaus versammelt haben. Durch innovative Ideen werde hier versucht, "Wohnen wieder bezahlbar zu machen".

Arkadien, das heißt in Poing: 51 Reihenhäuser, 25 Wohnungen, zehn individuelle Doppelhäuser. Als preisgünstig gelten vor allem die Reihenhäuser, 125 Quadratmeter bietet das kleinste, an die 550 000 Euro hat es gekostet, als es vor ein paar Jahren auf den Markt gebracht wurde; 2016 wurde das letzte vom Bauträger übergeben. Heute muss man schon wieder mehr hinlegen, um eines der Häuschen zu bekommen - wenn man denn eines bekommt.

Auf das Projekt aufmerksam geworden war der Staatssekretär bereits im Spätherbst 2017: Damals zeichnete er es mit dem "Sonderpreis für bezahlbares Bauen" der "International Real Estate Federation", des globalen Dachverbands immobilienwirtschaftlicher Berufe, sowie des Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen in Kooperation mit dem Bundesbauministerium aus. Adler habe das Angebot, Arkadien einmal aus der Nähe zu begutachten, gerne angenommen, erzählt Steffi Strenger, Regionalleiterin der Baustolz München GmbH, die das Projekt in Kooperation mit der Firma Strenger Bauen realisiert hat.

Vergleichsweise kostengünstig - jedenfalls dann, wenn man den Großraum München zum Vergleich heranzieht - werden die Reihenhäuser laut Strenger vor allem durch ihre standardisierte Bauweise. Alle 1500 Reihenhäuschen, die es bisher in Süddeutschland gibt, sehen mehr oder weniger gleich aus. Zwar können die Käufer Bodenbeläge oder Fliesenfarben aussuchen, aber sich nicht eine Verlegung von Steckdosen oder gar der Küchenzeile wünschen. Auch die Grundrisse sind nicht variabel. "Es können bei diesem Haustyp keine Sonderwünsche erfüllt werden", erläutert Strenger. Wegen der standardisierten Bauweise sind Häuser dieses Typs auch vor allem in Neubaugebieten im Umland zu finden - Baugrundstücke in der Stadt erfordern meist individuelle Zuschnitte und sind somit nicht geeignet.

Vor allem junge Familien, die sich zum ersten Mal ein Eigenheim leisten, haben sich für eines der Häuser entschieden, "gut qualifizierte junge Leute, die nicht ein großes Erbe von daheim mitbringen", erläutert Julien Ahrens, Mitglied der Geschäftsführung der Strenger Holding GmbH, zu der Baustolz gehört. Im Durchschnitt sind die Käufer 34,6 Jahre alt und haben 1,7 Kinder. Die Akademikerquote sei dabei sehr hoch, unterstreicht Ahrens - auch wenn oft Bürgermeister in den Orten, wo solche Häuser geplant würden, zuvor Sorge äußerten, dass günstiger Wohnraum zur Folge habe, dass die soziale Zusammensetzung in dem Viertel dann nicht stimmen könnte.

Das Poinger Arkadien ist, wie die Unternehmensvertreter erläutern, aber nicht allein durch seine Preise attraktiv. Man habe sich auch einige zusätzliche Details überlegt, die Mehrwert bringen, aber die Immobilien nicht unnötig verteuern, erläutert Steffi Strenger. So warten in einem Unterstand nahe des Strom produzierenden Kunstwerks "Power Plant" 20 pinke Gemeinschaftsräder auf Bewohner des Viertels, die sie kostenlos nutzen dürfen. Dazu gibt es eine Stromtankstelle für Elektroautos und Elektroräder und einen Stellplatz für ein Carsharing-Fahrzeug.

Ein paar hundert Meter weiter können die Bewohner einen kleinen Gemeinschaftsgarten nutzen, an dem auch ein paar Picknicktische zu einer kleinen Pause im Freien einladen. Jetzt, im Winter, wachsen im Garten nur Salbei, Rosmarin, Thymian und andere Kräuter, im Sommer werde der Garten aber durchaus mit Begeisterung bestellt, sagt Strenger. Damit die ehemaligen Städter nicht ganz ahnungslos ans Werk gehen mussten, gab dabei an drei Wochenenden der Vorsitzende des Poinger Gartenbauvereins Tipps. In einer Community-App können sich die Bewohner beispielsweise darüber austauschen, wer was ernten kann. Aber auch Babysitter werden über diesen Kanal beispielsweise gesucht, es handle sich um eine sehr hilfsbereite und aufgeschlossene Gemeinschaft, sagt Strenger.

© SZ vom 19.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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