Mitten in Zorneding:Weiß wie die Unschuld

Die Zornedinger CSU hat einen interessanten Weg gefunden, sich von Altlasten zu befreien

Von Carolin Fries

Jetzt ist es weg, das Pamphlet der Sylvia Boher. Wochenlang blieb der rechtspopulistische Kommentar der ehemaligen Zornedinger CSU-Ortsvorsitzenden unkommentiert auf der Homepage kleben - unkommentiert trotz öffentlichen Distanzierens allerorten. Nun, knapp vier Wochen nach dem Rücktritt Bohers hat man ihre Worte nachträglich aus dem "Zorneding Report" radiert. So jedenfalls wirkt es beim digitalen Blättern in der Oktober-Ausgabe. Lediglich die Zeile "Kritisch angemerkt" prangt noch rautenverziert in Schwarz-Blau, darunter klafft neuerdings ein weißes Loch. Weiß wie die Unschuld.

Die Presseerklärung Bohers, in der sie ihre Wortwahl bedauert, wurde nie öffentlich zugänglich gemacht. Die falschen Behauptungen wurden vom Ortsverband nie richtig gestellt. Lieber hat man das stumme, Buchstaben fressende Monster losgeschickt, den Unsinn zu verdauen. Jetzt strahlt die Weste der Schwarzen wieder weiß. Die unbunte Farbe wird laut Wikipedia mit Begriffen wie Freude assoziiert. Auch mit Unsterblichkeit. Oder soll es ein Friedensangebot sein, dass die Zornedinger CSU die weiße Flagge hisst?

Die weiße Seite im Zorneding Report ist in diesen Tagen nicht die einzige leere Seite: Die internationale Ausgabe der New York Times ist am Dienstag in Thailand mit einer unvollständigen Titelseite erschienen. Anstelle eines kritischen Artikels prangte dort ein weißer Fleck, dazu informierten zwei Sätze: "Der Artikel, der hier stand, wurde von unserer Druckerei entfernt." Als ließen sich die Dinge einfach so auslöschen. Das wird weder der schweigenden CSU in Zorneding gelingen noch dem Regime in Thailand.

© SZ vom 04.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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