Mitten in Zorneding:Respekt vor der Jugend

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Wie man es schafft, dass sich Kinder benimmtechnisch unfallfrei durch den Alltag bewegen, verraten verschiedene Knigge-Internetseiten. Bisweilen findet man aber sogar im Alltag positive Beispiele

Von Karin Kampwerth

Wer das Stichwort "Jugendlicher" in Kombination mit "gutem Benehmen" bei einer Suchmaschine im Internet eingibt, bekommt Tausende von Hinweisen auf Seiten, die mit der hohen Schule der Umgangsform, dem Knigge, zu tun haben. Das meiste davon kind- bis teenagergerecht aufbereitet.

Es geht zum Beispiel darum, beim Essen in Gesellschaft nicht zu schmatzen und sich auch nicht mit dem Hemdsärmel den Mund abzuwischen. Es geht aber auch darum, wie man sich die Nase vernünftig schneuzt, ohne dass die Hautevolee gleich in Ohnmacht fällt. Ein Jugendportal empfiehlt unter dem Titel "Knigge Tipps" darüber hinaus ganz konkret, dass man eine angebissene Semmel nicht in den Brotkorb zurücklegt, die Serviette nicht in den Kragen gehört, sondern auf den Schoß - und, besonders wichtig, dass während des Essens nicht geraucht wird!

Ein anderer Online-Ratgeber wendet sich an Eltern und gibt Erziehungstipps, was man dem Nachwuchs beibringen sollte, damit dieser nicht bei der erstbesten gesellschaftlichen Verpflichtung kopfüber in den Fettnapf fällt. Müttern und Vätern wird nahegelegt, ihren Kindern zu vermitteln, dass man Gesprächspartner ansieht, andere ausreden lässt und während einer Unterhaltung in die Armbeuge hustet. Außerdem sollte man sich in Warteschlangen nicht vordrängeln. Das menschliche Miteinander als eine Ansammlung von Stolperfallen der Höflichkeiten also.

Anhand der Knigge-Seiten für alle Fälle entsteht der Eindruck, dass man froh sein kann, wenn Kinder benimmtechnisch unfallfrei erwachsen werden. Und dass es ein überaus mühsames Geschäft ist, die lieben Kleinen gesellschaftstauglich hinzubekommen.

Anscheinend werden diese Anstrengungen nun aber auch belohnt, denn die Shell-Jugendstudie von 2016 fand heraus: Fast zwei Drittel der Jugendlichen legen großen Wert auf den Respekt vor Gesetz und Ordnung, und viele wollen fleißig und ehrgeizig sein. Was Letzteres betrifft, erschließt sich aus der Unterhaltung zweier Buben, die dieser Tage mit der S-Bahn nach Zorneding gefahren sind, nicht ganz. Ersteres haben die - schätzungsweise - Achtklässler aber durchaus verinnerlicht. Sagt der eine zu seinem Kumpel: "Du, ich habe gehört, dass du Ärger in der Schule bekommen hast." Fragt der andere: "Warum das?" - "Weil du zu deiner Lehrerin Schlampe gesagt hast." Antwort: "Das würde ich nie sagen, ich hab doch Respekt."

© SZ vom 16.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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