Mitten in Vaterstetten:Willkommen im Bällebad

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Dieser kleine Schneemann soll den Vaterstettener Gemeinderäten zu mehr Entspanntheit verhelfen. (Foto: Christian Endt)

Der Nikolaus hat in diesem Jahr den Gemeinderäten ein ungewöhnliches Präsent mitgebracht. Ob man wohl Rückschlüsse auf die anstehende Belastung ziehen darf?

Kolumne von Wieland Bögel

Gerade für die Bayern ist Tradition sehr wichtig: Um eine solche zu begründen, muss bekanntermaßen etwas zum zweiten Mal stattfinden. Was dann natürlich, getreu dem - ebenfalls traditionellen - bayerischen Spruch "Des hamma scho oiwei so gmacht", fortgesetzt werden muss. Besonders viele Traditionen haben sich rund um die Advents- und Weihnachtszeit angesiedelt, in allen Bereichen, so auch im Vaterstettener Gemeinderat. Dort war es seit alters her Brauch, dass in der letzten Sitzung des Jahres, die praktischerweise immer um den 6. Dezember herum stattfindet, der Nikolaus den Gemeinderat besucht. Also nicht persönlich, und auch der Krampus ließ sich nie blicken, aber der gute Mann vom Walde drauß' hatte vor Sitzungsbeginn auf jedem Platz einen Stellvertreter aus Schokolade hinterlassen.

Nicht so in diesem Jahr, wo die letzte Sitzung zwar genau auf den Nikolaustag fiel, Süßwaren allerdings nicht ausgegeben wurden. Gabenlos war der Nikolaus indes nicht durch den Sitzungssaal gezogen, statt Schokolade gab es heuer kleine Gummibälle - dem Datum angemessen in Schneemann- und Nikolaus-Design. Damit nicht irgendwer auf die Idee kam, die seien als nonverbale Argumente in kontroversen Debatten zu verwenden, gab es dazu eine kleine Gebrauchsanweisung, wie es sich für den Nikolaus gehört in Gedichtform. Ein Auszug: "Gegen Stress in vielen Fällen/ hilft das Kneten von Gummibällen (. . .) Habt große Freude daran/ und fangt gleich zu kneten an."

Hat die sitzungsbedingte Stressbelastung derart zugenommen, dass ihr nur noch mit himmlischem Beistand beizukommen ist? Der Gemeinderat - ein Gremium am Rande des Nervenzusammenbruchs? Doktor Niklaus, übernehmen Sie? Man mag im Sinne der Gemeinderäte hoffen, dass es sich nur um ein präventives Gesundheitsangebot handelt. Statt Schokolade, die eh nur hyperaktiv und zu dick macht, beruhigende und nicht figurgefährdende Knetbälle. Da lässt sich die viele anstehende Arbeit - etwa teure Schulneubauten, nicht recht vorankommenden Gewerbeprojekte, langwierige Straßenplanungen - doch im Nu erledigen, dank Entspannungshilfe durchs Knetbällchen. Und sollten sich die neuen Gaben als Tradition etablieren, hätte Vaterstetten schon in wenigen Jahren den entspanntesten Gemeinderat überhaupt - dank Bällebad im Sitzungssaal.

© SZ vom 08.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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