Mitten in Vaterstetten:Sehnsuchtsort Verdistraße

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Überall leuchtet und blinkt es im Advent. Nur eine Straße bleibt dunkel

Von Karin Kampwerth

Am schlimmsten war es gleich nebenan: In der ersten Adventsnacht zuckte die grellbunte Lichterkette, die um den Baum gewickelt ist, so stroboskobartig durchs Dunkel, dass spätestens da das letzte Restblatt vor Schreck vom Ast gefallen sein muss. Glücklicherweise waren die Lichterkettenbesitzer einsichtig und haben zum zweiten Advent hin von Zucken auf Blinken und inzwischen, der dritte Advent ist vorbei, auf Stillstand umgeschaltet. Jetzt leuchtet es nur noch grün, lila, blau und pink, aber es bewegt sich nicht mehr.

So viel Funkel-Firlefanz ist beileibe kein Einzelfall. So mancher verschanzt sich nach Einbruch der Dunkelheit bereits hinter bis auf den letzten Schlitz heruntergezogenen Rollläden, so heftig, wie es in Gärten und Fenstern, auf Balkonen und an Hausfassaden blinkt. Eigentlich grenzt es schon an ein kleines Wunder, dass es der Nikolaus unter dem Dauerbeschuss der dekorativen Blendgranaten überhaupt unverletzt in die Kamine geschafft hat.

Nichts gegen Kerzen auf dem Adventskranz, aber dass der Overkill der Weihnachtsbeleuchtung auf die festliche Stimmung drücken kann, ist sogar wissenschaftlich belegt. Glühwürmchen zum Beispiel, so weist es eine Internetseite zum Thema aus, brauchen die Dunkelheit, um sich fortzupflanzen. Kann also sein, dass die Weihnachtswütigen ganze Populationen der Leuchtkäfer auf dem Gewissen haben. So scheint es auch nicht überraschend, dass selbst die Bundesregierung künstliches Licht als Immission ausweist, die zu "erheblichen Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft" führen kann - wären da nicht die Mieterschutzvereine, die das Recht auf Weihnachtsbeleuchtung durchgeboxt haben, auch wenn es dem Nachbarn nicht gefällt.

Gut, dass es in dem ganzen elektronischen Sternenzinnober noch ein paar schwarze Löcher im Landkreis gibt. Wer sich kurz einmal Luft von dem ganzen Licht verschaffen will, dem sei ein Ausflug in die Verdistraße nach Vaterstetten empfohlen. Weihnachten wir dort sicher auch gefeiert, doch - warum auch immer - ohne dieses ganze Blingbling. Das Christkind wird sich sicher freuen: Hier braucht es wenigstens keine Sonnenbrille.

© SZ vom 14.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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