Mitten in Poing:Willkommen in Death Valley

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Was hat Poing mit Death Valley gemeinsam? Auch hier bewegen sich nächtens Steine - und verschwinden sogar.

Von Wieland Bögel

Was haben die Gemeinde Poing und das Death Valley gemeinsam? Nein, liebe Poinger, bevor jemand schreit, das wird hier jetzt kein flauer, billiger Witz über die von manchen angezweifelte Lebensqualität in der am schnellsten wachsenden Landkreiskommune: Hier geht es einzig und allein um Fakten. Denn tatsächlich gibt es in Poing etwas, das die Wissenschaft bisher nur an einem anderem Ort der Welt beobachtet hat, eben im Death Valley. Denn dort gibt es die sogenannten "sailing stones". Das sind keine Matrosen mit spezifischem Musikgeschmack, sondern der Ausdruck ist wörtlich zu nehmen. Denn auf der passenderweise "Racetrack Playa" genannten Ebene gibt es das Phänomen der wandernden Felsen. Hunderte Kilogramm schwere Steinbrocken bewegen sich wie von Geisterhand und hinterlassen eine Schleifspur im Sand. Ähnliches, wenn auch ohne Spuren, trägt sich derzeit in Poing zu.

Zuletzt beobachtet, oder eben auch nicht, wurde das Phänomen erst Anfang dieser Woche. Am Montagabend stand ein etwa eine halbe Tonne schwerer Findling noch friedlich und unbewegt auf einem Grundstück an der Bergfeldstraße, der Dienstagmorgen fand den Brocken unmittelbar am Straßenrand. Und das ist kein Einzelfall in Poing. Vor knapp zwei Wochen begab sich, ebenfalls in der Bergfeldstraße, schon einmal ein Findling auf Wanderschaft. Wohin, ist unbekannt - der Stein konnte bislang nicht dingfest gemacht werden. Seitens der Poinger Polizei wird indes bezweifelt, dass es sich bei den durch die Gemeinde und aus ihr heraus wandernden Felsbrocken um ein natürliches Vorkommnis handelt, wie etwa auf der Racetrack Playa. Dort, so wird vermutet, sollen es Wind und Eis sein, welche die Steine bewegen, in Poing dagegen profane Langfinger. "Vermutlich mithilfe eines kleinen Laders" seien die unterwegs, so die Polizei. Doch diese Erklärung klärt längst nicht alle Fragen, besonders nicht jene nach dem Motiv. Wer fährt spätnachts mit einem Lader durch die Gemeinde Poing, klaut Findlinge - und vor allem warum?

Wobei, die Frage nach dem Warum stellt sich ja in Bezug auf Findlinge generell. Denn auch wenn diese nur in Ausnahmefällen auf Wanderschaft gehen, sie scheinen wie Pilze aus dem Boden zu sprießen. Man kann keine Autotür auf einem beliebigen Parkplatz öffnen, ohne das Risiko einzugehen, diese an einem der überall lauernden Felsbrocken zu zerdellen. Und wo früher mehr oder auch weniger gepflegte Grünanlagen das Ortsbild prägten, sieht man jetzt Schotterflächen mit großen Steinen darauf. Vielleicht liegt hier ja das Motiv für den Findlingklau: Weg mit den Felsen, bevor Poing doch noch Ähnlichkeit bekommt mit dem Death Valley.

© SZ vom 21.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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