Mitten in Parsdorf:Geschäft ist nicht gleich Geschäft

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Einzelhändler dürfen nicht ins Gewerbegebiet, Großhändler schon: Ein Autohändlern beweist Kreativität im Umgang mit diesem Faktum

Von Wieland Bögel

Autohändlern sagt das Klischee ja eine gewisse Schlitzohrigkeit sowie Kreativität im Umgang mit der Wahrheit nach. Unzählige Geschichten wurden schon erzählt von augenscheinlich so gut wie fabrikneuen Fahrzeugen, die sich in ihre Einzelteile auflösten, nur wenige Meter hinter der Ausfahrt des Verkaufsgeländes. Welches selbst gelegentlich Objekt gewisser Tricksereien ist, wie nun ein Fall aus Vaterstetten zeigt.

Dort, genauer im Parsdorfer Gewerbegebiet, existiert seit geraumer Zeit ein kleiner Autohandel. Zu klein, war kürzlich im Bauausschuss zu erfahren, denn das Geschäft operierte gewissermaßen unter falscher Flagge. Bei Übernahme des Grundstückes hatte der künftige Nutzer nämlich angegeben, einen Großhandel aufmachen zu wollen. Geplant sei, hochwertige Fahrzeuge vom Hersteller zu kaufen und an Unternehmen als Firmenautos weiterzuvermitteln. Wie man bei der Gemeinde nach einem Blick ins Internet erfuhr, waren die Kunden des Autohandels indes keine Firmen und Geschäftsleute, sondern Privatpersonen. Was für den Autohandel einen kleinen, aber feinen Unterschied macht: Er gilt nun nicht mehr als Groß- sondern als Einzelhandel. Und der ist im Gewerbegebiet in jeglicher Form verboten, was vor einigen Jahren die Gemeinde selbst erfahren musste, als die Ansiedelung eines großen Einkaufszentrums von der Regierung von Oberbayern untersagt wurde. Eine Untersagung gab es darum auch für den Parsorfer Autoverkäufer, die Gemeinde verbot diesem, seinen illegalen Einzelhandel weiterzubetreiben. Offenbar kein größeres Problem für den Kleinhändler. Der hat nun kurzerhand ein neues Unternehmen ins Handelsregister eintragen lassen - einen Automobilgroßhandel wohlgemerkt - und gleich noch bei der Gemeinde beantragt, für dieses auf dem Grundstück, wo bisher der illegale Einzelhandel stattfand, ein festes Gebäude samt Werkstatt errichten zu dürfen.

Was er nun auch tatsächlich darf. Denn wie Bauamtsleiterin Brigitte Littke erläuterte, "müssen wir einen Großhandel leider genehmigen". Auf die Fragen von Herbert Uhl (FW) und Renate Will (FDP), wie man denn unterscheiden könne, ob dort Einzel- oder Großhandel stattfinde und ob nach den Erfahrungen nicht der begründete Verdacht auf ersteres bestehe, war die Antwort eindeutig: Wenn die Firma offiziell ein Großhandel sei, bleibe diese das auch, bis sich das Gegenteil beweisen lasse, und "es gibt keinen Hinweis, dass er nicht umsetzt, was er soll", so die Bauamtschefin. Manfred Schmidt (FBU/AfD) plädierte dafür, die Genehmigung zu verweigern und es notfalls auf einen Prozess am Verwaltungsgericht ankommen zu lassen. So weit wollten die übrigen Ausschussmitglieder, trotz einhelligen Unbehagens über den Antrag, allerdings nicht gehen, der Bau wurde genehmigt.

Wie lange er genutzt wird, hängt möglicherweise auch davon ab, wie genau man bei der Gemeinde einschlägige Kleinanzeigen im Internet im Auge behält. Denn ganz ausgeschlossen werden kann es wohl nicht, dass sich ein augenscheinlich astreiner Großhandel bei genauerem Hinschauen in einen Einzelhandel auflöst...

© SZ vom 22.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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