Mitten in Markt Schwaben:Von gestern

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Oft ist die Lektüre von Tagesordnungen von Gemeinderatssitzungen gähnend langweilig. Manche Punkte regen aber auch die Fantasie an

Von Karin Kampwerth

Die Tagesordnungen von Stadt- oder Gemeinderatssitzungen lesen sich in der Regel höchst unspektakulär und manchmal so kreuzlangweilig, dass selbst die Lektüre eines Telefonbuchs zu aufgeregterer Schnappatmung führt. Kein Wunder, schließlich muss schnödes Amtsdeutsch in eine Beratungsvorgabe umgesetzt, nicht aber übersetzt werden. Andernfalls, das liegt auf der Hand, müssten die Sachbearbeiter in den Rathäusern dann ja doch kleine Romane schreiben, um etwa die frühzeitige Beteiligung der Träger öffentlicher Belange zur zehnten Änderung des Flächennutzungsplanes zu erklären. Oder welcher Wunsch nach einem Häuschen im Grünen mit dem Beschlussvorschlag einer Lückenfüllsatzung abgelehnt werden soll.

Obwohl: Auch deutlich formulierte Punkte machen es dem geneigten Leser von Tagesordnungen kommunaler Parlamente nicht leichter. Nehmen wir zum Beispiel ein höchst spezielles Thema, das der Markt Schwabener Gemeinderat an diesem Dienstag abzuarbeiten hat. Es geht es um die "Widmung des Museumsfachraumes ,Altes Schwaben' im Heimatmuseum als Trausaal".

Das sind zwar durchaus klare Worte, zu Spekulationen reißen sie dennoch hin - etwa darüber, wie die Diskussion verlaufen könnte. Sicherlich, eine ganze Reihe von Gemeinderäten wird bei derlei charmanten Gedanken auf rosaroten Wolken schweben. Zweifler aber werden um den Ruf Markt Schwabens fürchten, könnte der Antrag doch signalisieren, dass das Heiraten am Ort so was von gestern ist, dass man gleich die ganze behördliche Zeremonie ins Museum verlegt. Oder aber die Antragsteller finden so kurz vor dem Wonne- und Lieblingsheiratsmonat Mai den Bund fürs Leben derart angestaubt, dass sie ihn entsprechend räumlich einordnen wollen. Vielleicht hat die Trauung anno dazumal aber auch einfach nur schnöde praktische Gründe. Schließlich ist das Heimatmuseum schöner als das Rathaus. Und außerdem lässt sich der Reis, mit dem die Hochzeitsgäste das Paar nach dem Ja-Wort bewerfen, auf dem großen Platz besser wegkehren, als auf dem schmalen behördlichen Treppenaufgang.

© SZ vom 12.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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