Mitten in Markt Schwaben:Survival-Training im Gemeinderat

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Wer als Neuling eine Sitzung in Markt Schwaben besucht, kommt aus dem Staunen fast nicht heraus

Kolumne von Nathalie Stenger

Trotz eindrücklicher und mehrmaliger Vorwarnung bezüglich Länge, Intensität und irrationalen Verhaltens der Anwesenden, sitzt der Schock nach der ersten Gemeinderatssitzung in Markt Schwaben tief. Da hilft weder vorsorglich mitgebrachte Nervennahrung noch gut gemeintes Zureden von der Seite.

Gründliche Beobachtungen im Markt Schwabener Rathaus ergeben: Drei Stunden und 42 Minuten öffentliche Sitzung lassen sich überstehen. Die Frage ist nur: wie.

Erste Option: Man geht erst gar nicht hin. So wie SPD-Gemeinderat Dieter Kämpf, der sein Mandat niederlegte und zu diesem Anlass gar nicht mehr erst erschien. Eine andere Möglichkeit zeigt ein zur Sitzung geladener Architekt aus Dortmund, der sich als waschechter BVB-Fan entpuppt. Er nutzt die Wartezeit bis zu seinem Auftritt, um im Nebenzimmer des Sitzungssaals auf dem Handy das Champions-League-Spiel des BVB gegen Slavia Prag zu schauen. Allerdings nur die erste Halbzeit, die zweite Halbzeit verbringt er damit, seine Blumenkübel-Ideen für die neue Markt Schwabener Schulfassade zu verteidigen. Was ihm angesichts der Zweifler im Gremium so halb gelingt.

Weniger Gemütserregung wird mit stiller Anwesenheit erreicht. Man munkelt, dass so mancher Gemeinderat Jahr für Jahr an der langen rechteckigen Tischformation sitzt und es schlichtweg auch bei dieser Aktion belässt. Hier stellt sich natürlich die Frage: Was tut diese Person hier? Am aufwendigsten ist die letzte Vorgehensweise bei einer Gemeinderatssitzung wie dieser - tatsächliches Zuhören und der Versuch mitzudenken. Versteh einer dieses komplizierte System. Da sind Beschlüsse, die beschlossen werden müssen, die besagen, dass nichts verändert wird. Oder Diskussionen, die absolut nicht das Geringste bewirken.

Interessant ist es irgendwie trotzdem. Wie die Politik des Bundes die Arbeit im Lokalen erschwert, kann in Gemeinden hautnah mitverfolgt werden. Fast wie im Kino. An diesem Dienstag findet übrigens eine außerplanmäßige Sitzung in Markt Schwaben statt. Und gleichzeitig spielt wieder der BVB. Ist es beim Fußball doch wie mit Gemeinderäten: Eine Halbzeit reicht völlig aus.

© SZ vom 17.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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