Mitten in Markt Schwaben:Freiheit auf dem Friedhof

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Wer in wilder Ehe lebte, dem war bisher die letzte Ruhe neben dem Partner missgönnt. Das ändert sich jetzt

Von Korbinian Eisenberger

In Bayern gilt zwar das "Gesetz über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen" des Freistaats. Wenn's um die Details geht, darf eine Gemeinde jedoch selbst festlegen, was auf dem örtlichen Friedhof erlaubt ist und was nicht. In 24 von 29 städtischen Friedhöfen in München gibt die Friedhofssatzung vom 8. November 2000 etwa vor, dass ein Verstorbener zum Todeszeitpunkt mindestens 20 Jahre in der Landeshauptstadt gewohnt haben muss, um sich dort für eine Grabstätte zu qualifizieren. Und in den Friedhöfen Bogenhausen, Nymphenburg und Neuhausen werden sogar nur Menschen beerdigt, die ihren Wohnsitz 30 Jahre im "zugehörigen Bestattungsbezirk" hatten.

Man könnte jetzt einwenden, dass sich die schicke ortsnahe Ruhestätte redlich verdient hat, wer es in München so lange aushält. Wer seinen Lebensabend in der idyllischen Region verbringt, steht allerdings meist vor einem ähnlichen Problem: Im Münchner Speckgürtel geht es auf Friedhöfen meist genauso streng zu, was die letzte Ruhe für Menschen mit einem flexiblen Lebensstil auch auf dem Land kompliziert macht.

In der Ortschaft Markt Schwaben soll dies in Zukunft anders werden: Die Gemeinde im nördlichen Landkreis Ebersberg hat ihre Auswahlkriterien vor wenigen Tagen entschärft. In seiner jüngsten Sitzung beschloss der Gemeinderat dort einstimmig liberalere Auswahlkriterien für jene, die von 1. Juli an auf dem Markt Schwabener Gemeindefriedhof beerdigt werden wollen.

Ausschlaggebend für die Satzungsänderung war ein Fall, in dem ein Dorfbewohner wegen hoher Mietpreise aus Markt Schwaben wegzog und zwei Jahre später verstarb. Weil er seinen Hauptwohnsitz gewechselt hatte, durfte er wegen der Satzung nicht mehr im familieneigenen Grab auf dem Markt Schwabener Friedhof beerdigt werden. Dem Zweiten Bürgermeister Albert Hones stank das. Doch nicht nur deshalb hatte er die Satzungsänderung angemahnt.

Der CSU-Politiker störte sich zudem daran, dass Partner bisher nur dann in Gemeinschaftsgräbern beerdigt wurden, wenn sie eine eingetragene Lebenspartnerschaft hatten. Nach dem Beschluss des Gemeinderats schwingt beim Friedhofsgebet in Markt Schwaben künftig der liberale Freiheitsgedanke mit: Wie Beate Käser aus der Gemeindeverwaltung mitteilt, dürfen in den Gräbern an der Friedhofsallee künftig auch Verstorbene beerdigt werden, die zuvor "in wilder Partnerschaft" lebten.

© SZ vom 15.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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