Mitten in Markt Schwaben:Allerfeinste Streitkultur

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Schade für die Stammtischbrüder: Ein Dauerzwist in der Marktgemeinde ist beigelegt. Zum Glück gibt es schon jetzt Ersatz

Von Korbinian Eisenberger

Ganz ehrlich: Es gibt doch nichts Ergiebigeres als einen handfesten Dorfstreit. Der Lokalpresse kann ja fast nichts Besseres passieren, und auch für das Dorf ist so ein Zwist höchst belebend. Man stelle sich nur mal einen Stammtisch ohne all die Geschichten aus der Nachbarschaft vor, über die sich so prächtig zanken lässt. Insofern ist der Streit ein Beitrag zur Erhaltung der Dorfkultur, den es zu pflegen gilt.

Als besonders pflegebewusst tut sich die Gemeinde Markt Schwaben hervor. Dort streiten die Einheimischen seit Jahren mit großer Hingabe wegen eines grantigen Hauseigentümers, der Fußgängern den Weg versperrt. Zudem erzürnen jedes Jahr aufs Neue leinenlose Hunde im Schwabener Moos die Gemüter. Für den geneigten Diskutanten muss diese Nachricht demnach eine Hiobsbotschaft sein: Der Dauerzwist um die Anleinpflicht scheint endgültig beigelegt zu sein. Beschwerden vom Stammtisch nimmt Robert Niedergesäß entgegen. Er hatte den Zwist in einer seiner ersten Amtshandlungen als Landrat zunächst neu entfacht und jetzt geschlichtet. Niedergesäß wählte dafür den kompliziertesten aller politischen Lösungswege - die Diplomatie.

Beim Dorfvolk gilt Diplomatie als verpönt, der Stammtischler lehnt sie strikt ab und haut bei Meinungsverschiedenheiten kompromisslos mit der Faust auf den Tisch. Und auch der Politiker drückt lieber Entscheidungen durch, statt sich auf eine einvernehmliche Lösung einzulassen. Schließlich ist die Gefahr groß, mit dem ehrenwerten Bestreben, alle zufriedenstellen zu wollen, genau das Gegenteil zu erreichen - so dass nachher mehr Wähler unzufrieden sind als vorher. Ausgenommen ist freilich der Grantler: Er hat ja dann neuen Stoff zum Schimpfen.

In Markt Schwaben hat der Landrat mit seinem Kompromiss dem Dorfgrantler nun eines seiner Lieblingsthemen wegdiplomatisiert. Für die Qualität der Wirtshausdebatten ist das ein herber Schlag. Ein Ende der Markt Schwabener Streitkultur ist jedoch nicht zu befürchten. Seit neuestem ist nämlich die Fehde zwischen dem Sägmühlenbesitzer und den Spaziergängern auf seinem Grundstück wieder entbrannt. Auf dieses Kulturgut ist zum Glück Verlass.

© SZ vom 02.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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