Mitten in Landsham:Campen mit Pontius Pilatus

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Gemeinderätin Doris Löffler konsterniert in Pliening ihre Kollegen mit einem unkonventionellen Vorschlag - und tritt in die Fußstapfen ihres streitbaren Vorgängers

Kolumne von Alexandra Leuthner

Zum Zelten oder doch lieber ins Vier-Sterne-Hotel? Eine Grundsatzfrage, die schon so manches Paar an den Rand einer Beziehungskrise gebracht hat. Da stehen Weltanschauungen gegeneinander, das große Ganze wird auf den Prüfstand gestellt; eine Auseinandersetzung, die in ihrer moralischen Dimension die Essenz bedeutender Duelle der Weltgeschichte in sich trägt. David, der mit seiner Steinschleuder gegen Goliath antritt, Spartakus gegen die römischen Legionen, Jesus gegen Pontius Pilatus, Danton versus Ludwig XVI., Robin Hood gegen den Sheriff von Nottingham und Captain James Sparrow gegen die British Royal Navy.

Ach, die Reihe ließe sich unendlich weiterspinnen - und würde am Ende immer bei Doris Löffler enden. Vermutlich hat die Gemeinderätin, die seit einem Jahr für die Wählergruppe Alternative für Pliening im Gemeinderat sitzt, sich keine Gedanken um die existenzielle Bedeutung ihres Einwands gemacht, als sie sich in der jüngsten Sitzung des Gremiums für ein Zelt auf dem neuen Landshamer Dorfplatz aussprach, das man bei Bedarf, sprich zu Festen, aufstellen könne - anstatt des gemauerten Häuschens, das die Plieninger seit zwei Jahren planen. Ein Zelt! Man stelle sich das vor! Für das Bauwerk, das den Dorfplatz vervollkommnen soll, jenen Platz an zentraler und repräsentativer Stelle, dort, wo einst die Brennerei die Blicke jener auf sich zog, die nach Landsham hinein fuhren. Dieser Platz soll Ortskern, Treffpunkt, das wahre Zentrum werden und alle zusammenführen, die sich Landsham verbunden fühlen. Das Häuschen darauf haben sich die Landshamer selbst gewünscht, in zwei Bürgerbeteiligungen. Es soll den Vereinen zu Festen eine Art Verkaufstheke mit Toilette, Lagefläche und Stromanschluss bieten, alles, was man halt zum Feiern so braucht. Die Baugenehmigung gibt es schon längst, nur, ob es gemauert, gemörtelt oder geschreinert wird, war lange nicht klar - aber vier senkrechte Wände muss es haben und obendrauf ein Dach.

Tatsächlich tritt Frau Löffler mit ihrem ebenso radikalen wie - mangels Mehrheit - aussichtslosen Vorschlag nicht nur in die Fußstapfen freiwilliger und unfreiwilliger Revolutionäre der Historie, sondern auch in die für Pliening bedeutenderen ihres unmittelbaren Vorgängers Stefan Seizl. So lange er im Gemeinderat saß, hat er sich mit allen angelegt, die nicht seiner Meinung waren. Er hätte sich vermutlich auch mit Goliath und Pontius Pilatus gestritten. Wenn Doris Löffler tatsächlich Seizls politisches Erbe weiterführen möchte, dann könnte es im Plieninger Gemeinderat zum Rosenkrieg kommen. Mal schauen, wer dann überhaupt noch mit wem in ein Zelt klettert.

© SZ vom 06.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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