Mitten in Kirchseeon:Das ABC des Einkaufens

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Wie gut, dass man im Supermarkt nicht nach dem Namen gefragt wird. Nicht dass es dort am Ende zugeht wie bei Behördengängen

Von Wieland Bögel

Wer gelegentlich etwas auf einer Behörde erledigen lassen muss - also jeder, der noch atmet oder kürzer als 30 Jahre auf dem Gemeindefriedhof liegt - kennt das. Oft entscheidet der Anfangsbuchstabe des Nachnamens des Antragstellers über den weiteren Verlauf und Erfolg des Behördenganges. Wer beispielsweise Huber heißt, für den ist die nette, hilfsbereite Sachbearbeiterin zuständig, welche die Anfangsbuchstaben A bis K verantwortet. Wem nun aber von seinen Vorfahren der Name Meier - gerne auch Maier oder Mayer, das hilft da gar nichts - vererbt wurde, bekommt es mit dem griesgrämigen Kollegen der netten Dame von vorhin zu tun, der nicht nur für die Buchstaben L Fortfolgende zuständig ist, sondern auch bereits vor Jahren seine innere Kündigung ausgesprochen hat. Eine Tatsache, die der freche Untertan, der die vorpensionäre Muße des Amtmannes zu stören wagt, auch weidlich zu spüren bekommt.

Da ist es doch gut, dass sich dieses ABC-Prinzip außerhalb von Ämtern und Behörden eher nicht verbreitet hat. In der freien Wirtschaft, etwa beim Einkaufen, wird man selten nach seinem Namen gefragt, und wo das doch geschieht - etwa bei, gerne im Stile des späten Futurismus der 1950er möblierten, US-Kaffeeketten -, hat dies keine organisatorische Funktion, sondern dient lediglich dazu, durch demonstrative Distanzlosigkeit die Reibungshitze des Über-den-Tisch-gezogen-werdens in die Simulation von Nestwärme zu verwandeln.

Zumindest bis jetzt, denn was passiert eigentlich, wenn eine Supermarktkette plötzlich und unerwartet in den Besitz des Konkurrenten auf der anderen Straßenseite gelangt, diesen aber, denn das war die Voraussetzung des Besitzerwechsels, für einige Jahre nicht einfach zusperren kann? So geschehen jetzt in Kirchseeon, wo es an der Hauptstraße in Eglharting bald rechts und links je einen Edeka-Supermarkt geben wird. Natürlich: Diversifizierung heißt das Zauberwort. Entweder wie auf dem Amt, also Huber kauft links, Meier rechts, oder nach Produkten. Bier und Chips? Nein da sind sie nicht ganz richtig, das gibt es drüben, aber nehmen sie doch einfach Wein und Oliven. Vielleicht eine ganz neue Möglichkeit, den Horizont zu erweitern - oder, passend zur Fastenzeit, die fast vergessene Buchstaben-Diät wiederzuentdecken.

© SZ vom 08.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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