Mitten in Grafing:Zweite Chance

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Steckt hinter einem Fahrraddiebstahl in Grafing-Bahnhof eine Botschaft? Der Täter hat am Tatort jedenfalls etwas zurückgelassen

Von Karin Kampwerth

Es war eine der wohl kuriosesten Polizeimeldungen: Ein Rentner, in dessen Reiheneckhaus in München-Pasing im März eingebrochen wurde, rief nicht die Polizei. Nein, er verarztete zunächst einmal den Dieb, weil der Arme sich beim Einschlagen einer Fensterscheibe die Hand aufgeschnitten hatte. Anschließend ließ sich der Mann, der keine Anstalten eines Fluchtversuches machte, von dem Rentner auch noch freundlich zur Haustür bringen - nicht ohne diesem vorher als Dank zehn Euro für die Erste-Hilfe-Leistung anzubieten.

Einbrechern wird vermutlich bei dem Gedanken, immer so zuvorkommend von ihrer Kundschaft behandelt zu werden, ganz warm ums Herz. Man könnte ihnen etwa zeigen, in welchen Schubladen sich die Wertsachen befinden, damit sie nicht alles durchwühlen müssen. Und wenn ihnen dabei geholfen würde, Fernseher und andere elektronische Geräte von der Elektrik abzustöpseln, richtet das vermutlich auch weniger Schaden an. Vielleicht könnte man mit den Bestohlenen noch Telefonnummern austauschen, falls in der Eile das Passwort vom Tablet-PC oder der Bankkarte falsch notiert wurde, aber das wäre ja . . . Aber nein, hier soll nun nicht der Intelligenzquotient dieser kriminellen Berufsgruppe veralbert werden. Und ganz bestimmt sollen keine Scherze auf Kosten der Opfer gemacht werden.

Aber manchmal fragt man sich eben schon, was einem Dieb so im Kopf rumgeht - mal ganz abgesehen natürlich davon, dass es absolut daneben ist, anderer Menschen Eigentum wegzunehmen.

Möglicherweise steckt auch eine Botschaft hinter den Umständen eines Fahrraddiebstahls am Samstag in Grafing- Bahnhof? Von diesem teilt die Ebersberger Polizei mit, dass "ein schwarz-grünes Mountainbike der Marke Ghost" entwendet worden ist. Das Fahrrad, so heißt es in der Polizeimeldung weiter, "war mit einem Schloss versperrt". Dieses habe der Dieb am Tatort aber zurückgelassen. Die Information, ob das Schloss nun mit Gewalt aufgebrochen oder mit Fingerspitzengefühl geknackt wurde, fehlt. Klar ist aber: Getaugt hat es nichts. Zumindest für den Fahrradeigentümer ist das eine nicht unwesentliche Botschaft. Beim nächsten Bike greift er sicher zu einer hochwertigeren Sicherung.

Natürlich wissen wir nicht, warum der eine zum Einbrecher und der andere zum Fahrraddieb wurde. Vielleicht die Aussicht auf schnelles Geld oder schnelles Vorankommen. Dabei hätten diese beiden Kriminellen durchaus gute Chancen zur Resozialisierung. Der Einbrecher könnte Benimmkurse anbieten und der Fahrraddieb Produkttester werden.

© SZ vom 14.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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