Mitten in Grafing:Viel Lärm um nichts

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Eigentlich kann die CSU sich über das Ergebnis der Landtagswahl freien: Sie zeigt damit, dass sie sich gut gehalten hat

Von Annalena Ehrlicher

Vom Niedergang der großen Volksparteien liest man derzeit viel: Tränen gab es bei der bayerischen Landtagswahl - durchaus berechtigt - vor allem auf Seiten der SPD, doch auch die CSU machte herbe Verluste. Landtagsabgeordneter Thomas Huber wurde gar zum Symbolbild des Absturzes einer Partei, die Ergebnisse unter 40 Prozent in den vergangenen Jahrzehnten nur vom Hörensagen kannte. Jetzt wird das Sägen am Stuhl des vorsichtshalber nach Berlin emigrierten Parteivorsitzenden der CSU wieder lauter - wo Wähler fliehen, lässt der Ruf nach rollenden Köpfen nicht lange auf sich warten.

Woher aber kommt diese Aufregung? Froh müssten die Landkreis-Konservativen über das Ergebnis sein: Endlich liegen die Dinge wieder wie vor 100 Jahren! Als 1919 in freien Wahlen das Volk zur Urne gebeten wurde, um den Bayerischen Landtag zu wählen, war die Bayerische Volkspartei - die Mutter der heutigen CSU, wenn man so will - mit 37,2 Prozent der Stimmen stärkste Kraft im Landkreis Ebersberg. Knapp 100 Jahre später holt Thomas Huber mit 36,08 Prozent der Erststimmen ein Ergebnis, das sich endlich wieder den Altvorderen anpasst. Überfällig war es, die Hybris der vergangenen Jahre aufzugeben, und wieder auf eine vernünftige Größe zurückzuschrumpfen. Dominant, aber demütig. Mächtig, aber in Maßen.

Wer ein Gefühl für das kosmische Gleichgewicht, zu dem die Ebersberger-CSU nun wieder beiträgt, bekommen will, dem sei die Ausstellung über die Revolution 1918/19 im Museum der Stadt Grafing ans Herz gelegt: Die steht zwar unter dem Schiller entlehnten Motto "Das Alte stürzt, es ändern sich die Zeiten" - sieht man genauer hin, entdeckt man aber eben, dass bei der CSU alles genau beim Alten geblieben ist.

Ebenso lohnenswert ist die Ausstellung übrigens für all jene, die das Ende der bayerischen Heimat befürchten. Das "Finis Bavariae" wurde von dem Grafinger Bürger Julius Schwager im Lichte der Revolutionswirren vor 100 Jahren bereits verkündet. Was bleibt da zu sagen? Es gibt uns immer noch.

© SZ vom 24.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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