Mitten in Grafing:Radeln schwer gemacht

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Wer von Grafing nach Ebersberg mit dem Fahrrad fahren will, muss so manches nicht nur physische Hindernis überwinden. Am schlimmsten aber ist die Kreuzung beim Amtsgericht - und die vertrödelte Zeit beim Grübeln, ob man nun radeln soll oder nicht

Von Anja Blum

Die Sonne scheint auch in diesem Sommer manchmal ja doch über Grafing, die Vögel zwitschern dann und das Radl steht fahrbereit in der Garage. Zeit also, mal wieder etwas für die Umwelt, die Gesundheit, die Figur und obendrein für den Geldbeutel zu tun. An solchen Tagen spricht doch wirklich nichts dagegen, mit dem Fahrrad anstatt mit dem Auto in die Arbeit nach Ebersberg zu fahren. Oder?

Dass sich daheim der Papiermüll und die gelben Säcke stapeln? Egal, denn diesen Ballast kann man auch an einem der nächsten Regentage loswerden. Dass ohne Auto der Lebensmitteleinkauf etwas schmaler ausfallen muss? Überhaupt nicht schlimm, dann gibt es abends eben nur eine Kleinigkeit, ist noch mal besser für die Linie. Dass der Rückweg von einer Gewitterwolke überschattet sein könnte? Nicht so schön, aber kein Drama, schließlich ist dann die Heimat schon nicht mehr fern.

Noch weniger erfreulich ist freilich die nicht unerhebliche Steigung, die man von Grafing nach Ebersberg zurückzulegen hat und die etwas ungeübten Radlern gehörig den Schweiß auf die Stirn und den Puls in die Höhe treibt. Aber was soll's, nach diesem Pensum kann man sich das Fitnessstudio am Abend getrost sparen.

Richtig doof ist eigentlich nur die Kreuzung am Ebersberger Amtsgericht, die zu überqueren für Radler wahrlich lebensgefährlich ist. Wer hier nicht alle Richtungen gleichzeitig im Blick hat und sofort beim Anfahren richtig Tempo macht, landet fast unweigerlich unter einem Laster. Aber dieses Gefühl, wenn man es wieder einmal geschafft hat: dieser innere Jubel, die Freude, ein heimlicher Held der Straße zu sein . . .

Ein kurzer Blick auf die Uhr unterbricht die morgendliche Grübelei. Verdammt, jetzt ist es schon viel zu spät, um sich noch auf's Rad zu schwingen. Nicht einmal mehr den Müll kann man ins Auto laden und wegfahren. So ein Pech aber auch. Morgen aber. Ganz bestimmt.

© SZ vom 10.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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