Mitten in Grafing:Motorisierte Ignoranten

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Ebersberg und Grafing haben zwei Dinge gemeinsam: Straßensperren. Und Autofahrer, die trotzdem durch wollen.

Kolumne von Anja Blum

Journalisten seien neugierig, heißt es, und wahrscheinlich trifft das in den allermeisten Fällen auch zu, sozusagen naturgemäß. Wie sollten Reporter sonst an Nachrichten kommen, die eigentlich noch geheim sind, oder an die Geschichten und Gesichter hinter den Schlagzeilen? Na ja, jedenfalls ist es wohl nicht ungewöhnlich, wenn eine Lokaljournalistin sonntags beschließt, mit dem Rad einen kleinen Umweg zu fahren, nur um sich eine Baustelle anzusehen. Einfach so, ohne speziellen Anlass. Könnte ja spannend sein.

Und das wird es dann auch, zumindest einigermaßen. Mitten auf der Baustelle, einer Schotterebene, die einmal die Seeschneider Kreuzung war, steht nämlich unvermutet eine Frau: Grafings Bürgermeisterin. Auch Angelika Obermayr sieht sich um, nutzt den Baustopp, um sich ein Bild zu machen von der für den Verkehr gesperrten Stelle. Also kommt es zu einem spontanen "Pressegespräch", oder vielmehr einer kleinen Plauderei zwischen Menschen, die sich schon allein berufsbedingt interessieren für das, was sich vor ihrer Haustüre tut. Man bestaunt die raumgreifenden Erdarbeiten, die hier versteckt zwischen Bäumen vonstatten gehen. Man teilt die Freude darüber, dass die bislang gefährliche Kreuzung in einen Kreisverkehr verwandelt wird. Man spricht über die lästigen Umwege, zu denen die Straßensperrung die Grafinger oftmals zwingt. Doch was soll's, wer Verbesserungen möchte, muss dafür auch Unbill in Kauf nehmen. Oder?

Im Laufe der Unterhaltung nämlich wird klar, dass es selbst an einem Sonntag nicht wenige Autofahrer gibt, die die Absperrungen missachten und versuchen, trotz Verbots durch die Baustelle zu fahren. Immer wieder müssen Pkw umdrehen, die Seeschneider Kreuzung nämlich ist sehr gut gegen derlei motorisierte Ignoranten abgesichert. Wer sie besichtigen will, muss schon zu Fuß oder eben mit dem Rad unterwegs sein.

Weiter geht es nach Ebersberg, wo der Verkehr derzeit wegen einer Baustelle im Ortskern ebenfalls nicht gerade normal fließt. Gesperrt ist auch die Eichthalstraße, jedoch ohne dass es dort unpassierbare Hindernisse in Form von Gruben oder ähnlichem gäbe. Eine Einladung also für all jene hinterm Steuer, die meinen, schlauer zu sein als die anderen, schließlich kann die Absperrung über den Parkplatz des Landratsamts elegant umfahren werden. Nein, nicht kann, konnte: Der zahlreiche Unterschleif ist offenbar aufgefallen, auch die Ausfahrt des Parkplatzes ist mittlerweile gesperrt. Wer sich nun in die Straße hineinmogelt, muss leider, leider wieder umdrehen. Da sage noch einer, die Grafinger und Ebersberger hätten nichts gemein! Ach ja, schon spannend so eine Radltour.

© SZ vom 03.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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