Mitten in Grafing:Morgens Anorak, mittags Badehose

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In der Übergangszeit wird nun wieder der Zwiebel-Look empfohlen. Es ist zum Heulen

Von Carolin Fries

Was soll ich bloß anziehen?" Diese Frage treibt in diesen Tagen nicht nur Frauen um. Morgens wünscht man sich den Pelzmantel aus dem Keller herbei, mittags ist sogar die lange Hose zu warm, man beschließt, die eingemottete Wintergarnitur frühestens Ende Oktober aus dem Keller zu holen und stellt stattdessen noch einmal die Badetasche in den Flur. Am nächsten Morgen dann will man zumindest die warmen Stiefel schon mal aus dem Keller holen. Bekleidungsexperten fassen das starke Temperaturgefälle binnen eines Tages unter dem Begriff Übergangszeit zusammen. Einer Zeit, der man nur mit dem Zwiebel-Look die Stirn bieten kann, wie jetzt wieder in einschlägigen Magazinen empfohlen wird.

Die Stadt Grafing hat für all jene, die über den Wahnsinns-Sommer vergessen haben, wie der Look funktioniert, zwei Übungstage am Wochenende veranstaltet. Menschen waren angehalten, sich am Morgen wie folgt zu kleiden: Zuerst Badeanzug, dann Unterhemd, kurze Hose, lange Hose, Langarmhemd, dünnen Pullover, Strickjacke, Halstuch, Socken, Regenjacke mit Kapuze. Mütze, Handschuhe, Schneehose, Anorak. In dieser Montur traf man sich um 9 Uhr am Eisstadion: Öffentlicher Lauf bis 10.30 Uhr. Im Anschluss gemeinsames Schälen, Mittagessen und Akklimatisierung beim Italiener "Aquarium". Von 14 Uhr an dann Badebetrieb im städtischen Freibad. 17 bis 18 Uhr, Zwiebelschalen einsammeln und geordnet überstülpen, gesellige Heimfahrt.

Wie viele Freunde der Zwiebel und des Übergangs sich am Wochenende für eine Trainingseinheit entschieden haben, ist unbekannt. Es sollen aber reihenweise Personen gesichtet worden sein, die ihre Anoraks über den Arm geworfen mit sich herumtrugen, sich die Strickjacken um die Bäuche gebunden hatten und fluchten, ihre Sandalen bereits in den Keller getragen zu haben. Zum Heulen ist das manchmal in der Übergangszeit, wenn man seine Klamotten den halben Tag durch die Gegend schleppen muss, ständig friert oder schwitzt. Das allein ist der wahre Grund, weshalb man in dieser Zeit gerne von der Zwiebel spricht: Erst bringt sie einen zum Heulen, dann muss sie in der Pfanne schwitzen.

© SZ vom 14.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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