Mitten in Grafing:Auf ein Letztes

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Aus Angst, jeder schöne, warme Tag könnte vorerst der letzte sein, wird er bis in die Nacht hyperaktiv mit Draußen-Freizeit gefüllt. Das könnte anstrengend werden, denn der Wetterbericht fürs Wochenende klingt gut

Von Anja Blum

Über das Wetter zu lamentieren, gehört hierzulande ja praktisch zum guten Ton. Fast ein jeder klagt, viele wünschen sich gerade jetzt, wo der Herbst Einzug hält, in weite Ferne, in ein Land bitteschön, in dem die Sonne nie aufhört zu scheinen. Schließlich seien Regen, Kälte, Nebel und Co. die schlimmsten Stimmungskiller, einfach nur zum Davonlaufen. Doch ist Dauersommer wirklich erstrebenswert? Sorgt nicht gerade die klimatische Abwechslung erst für jede Menge unterhaltsamen Gesprächsstoff und, vor allem, für echte Freude? Denn: Wenn die Sonne ausnahmslos scheint, wer schenkt ihr dann noch Beachtung?

Ganz anders hierzulande, wo im September das Bewusstsein herrscht, jeder schöne Tag könnte nun für lange Zeit der letzte sein. Und dementsprechend genutzt wird. Also schiebt man gleich nach der Arbeit die Tischtennisplatte zwischen die Garagen, so dass heiteres Pingpong schon bald die Kinder und dann auch die Eltern aus den angrenzenden Häusern lockt. Schnell ist eine Bierbank aufgestellt und Kaffee gekocht, irgendjemand zaubert sogar Zwetschgendatschi für alle herbei. Federbälle und Wasserbomben fliegen durch die Luft, mit Spiel und Spaß vergeht die Zeit wie im Nu. So langsam wird es dunkel, doch der Abend ist immer noch lau - und keiner hat Lust, ihn im Wohnzimmer zu verbringen. Könnte ja der letzte seiner Art sein.

Da gibt es nur eine Lösung: Ein Anruf beim Italiener und zwei Scheinwerfer an der Garagenwand - und das lustige Pingpong kann weiter gehen. Statt Kaffee steht nun Bier auf dem Tisch, die Schar der Kinder wird sukzessive kleiner. Selbst als es zu tröpfeln beginnt, lässt sich die nachbarschaftliche Truppe nicht beirren und organisiert kurzerhand einen Umzug in die Garage. So ein später Sommerabend muss schließlich genossen werden - in vollen Zügen.

Gut so, denn schon vom nächsten Tag an hat der Herbst den Landkreis voll im Griff: Die Temperaturen befinden sich im Sinkflug, der Nieselregen scheint kein Ende nehmen zu wollen. Obwohl: Kommendes Wochenende soll es nochmal schön und warm werden. . .

Wie anstrengend. Vielleicht ist Auswandern doch die bessere Lösung.

© SZ vom 21.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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