MITTEN IN EBERSBERG:Spaghetti al Kiwi

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Im Ebersberger Einkaufszentrum kann man sich schon mal wundern, wenn man Pasta bestellt und Gelato bekommt

Von Theresa Parstorfer

Bei einem gedankenverlorenen Spaziergang durch die Passage des Ebersberger Einkaufszentrums könnte man dieser Tage zu kuriosen Mutmaßungen angesichts der dort augenscheinlich feilgebotenen italienischen Spezialitäten kommen. "Spaghetti" ist dort auf einem aufklappbaren Schild zu lesen. Und darunter die möglichen Variationen. Erdbeere, Schokolade-Banane, Waldbeere und Kiwi. Das klingt dann doch ein wenig zu gewagt, um nicht zu sagen unappetitlich, als dass es sich um einen neuen, hippen, letzten Schrei in der Gastronomie handeln könnte oder sollte. Selbstverständlich weiß jeder Ortsvertraute und auch jeder, der sich einen weiteren Moment Zeit nimmt, um die Abbildungen unter dem Schriftzug genauer in Augenschein zu nehmen, dass es sich nicht um Pasta handeln kann, sondern um Eiscreme handeln muss. Spaghetti-Eis.

Dabei ist die Erwartung, in diesen Breitengraden im Winter an einer offenen Eisdiele vorbeizukommen, schon relativ gering. Lassen doch oftmals - und verständlicherweise - die italienischen Eisdielenbesitzer ihre Gelateria Gelateria sein, sobald die Autoscheiben in der Früh von natürlichem Eis befreit werden müssen, und fliehen gen Süden. Stößt man somit unwissend und unreflektiert, vielleicht auch ein wenig rosinenpickerisch, auf die fehlende "Eis"-Endung im Ebersberger Einkaufszentrum, ist die hypothetische Pasta-Banana-Kreation also schnell vollbracht.

Spaghetti-Eis ist interessanterweise auch gar keine italienische, sondern eine deutsche Erfindung. In Mannheim wurde zum ersten Mal Eiscreme durch eine vorher gekühlte Spätzle-Presse gedrückt, mit Erdbeersoße übergossen und weißen Schokoladensplittern garniert, bereits vor mehr als 50 Jahren. Zu Tränen bei so manchem Kind soll es damals geführt haben, dass anstatt des erwarteten Eisbechers ein Teller mit Nudeln und Tomatensoße an den Tisch gebracht wurde. So überzeugend echt, so salzig, hat die Eisattrappe offenbar ausgesehen. Das Ebersberger Spaghetti-Gedanken-Experiment stellt diese Täuschung ironischerweise wieder auf den Kopf: Nähme man das Werbeschild beim Wort und bestellte naiv einen Teller Spaghetti, wäre man sicherlich erstaunt angesichts des süß-kalten Vergnügens, das an den Tisch gebracht würde.

© SZ vom 27.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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