Mitten in Ebersberg:Paradiesisch einkaufen

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Shopping am Wegesrand - die Bauern machen's möglich. Wer braucht da denn noch das Internet?

Kolumne von Karin Kampwerth

Das Internet ist ein Einkaufsparadies. Das Mantra des zeitlosen Konsumvergnügens gehört zum Web wie die EC-Karte in den Geldbeutel. Seitdem sich Online-Shopping etabliert hat und der moderne, nach Arbeits- und Lebensgleichgewicht schmachtende Workaholic sich selbst die Butter aufs Brot nach Hause liefern lässt, können die meisten über rigide Ladenöffnungszeiten nur mehr lächeln statt lamentieren. Die Einkaufsmeile im PC, auf dem Tablet oder Smartphone heißt schließlich rund um die Uhr seine Kunden willkommen.

Während der Einzelhandel über den Wettbewerbsnachteil klagt, sind die Ebersberger Landwirte schon einen Schritt weiter. Bauernschlau, was sich dieser Berufsstand immer wieder ausdenkt. Eierautomaten zum Beispiel haben schon längst nicht mehr nur Eier intus, sie spucken zu jeder Tages- und Nachtzeit inzwischen auch Nudeln aus - und sogar Grillfleisch, falls einem am Sonntag spontan ein Steak mit Holzkohlearoma in den (Geschmacks-)sinn kommt. Und fürs Frühstück am nächsten Tag zapft man sich noch schnell den Liter Frischmilch am stählernen Selbstbedienungs-Euter. Nicht zu vergessen sind natürlich die Selbstpflückblumenfelder, wo es das romantische Sträußchen zum Spontan-Date auch dann noch zu kaufen gibt, wenn die Floristin des Vertrauens längst im Feierabend ist. Die Geschäfte scheinen zu laufen, schließlich krönt den Kunden das gute Gewissen, Produkte aus der Umgebung gekauft und die regionale Landwirtschaft gestärkt zu haben. Grund genug also, das Vermarktungskonzept beständig zu erweitern.

Inzwischen kommt selbst der Wegesrandshopper auf seine Kosten. Wer hinter der evangelischen Kirche in Ebersberg Richtung Egglburger See spaziert, findet dort in einer Hecke ein Tischlein mit einem Pappkarton darauf. Der Inhalt: Tüten aus Packpapier mit Sonnenblumenkernen, gestreift, 1,5 Kilo zu 2,70 Euro. Gut, Sonnenblumenkerne haben jetzt nicht den Status eines Schnitzels oder eines Frühstückseis. Aber Vögeln könnte man damit ein leckeres Mahl bereiten, worauf ein auf das Tischlein geklebtes Schild hinweist. So mittendrin im Landschaftsschutzgebiet gleich gegenüber auf dem Feld neben den Sonnenäckern treibt der Nachschub bereits aus. Ein Einkaufsparadies, das seinen Namen wirklich verdient hat.

© SZ vom 24.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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