Mitten in Ebersberg:Na dann Prost!

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Die Ebersberger haben sich 2018 die Rekordmenge von 190000 Hektoliter Bier schmecken lassen. Das führt zu Rechenspielchen mit der Gesundheit

Kolumne von Wieland Bögel

Wir müssen uns den Ebersberger als durstigen Menschen vorstellen. Der Kampf gegen den Brand, so hätte es Camus formuliert, vermag sein Herz auszufüllen. Zumindest könnte man auf den Gedanken kommen, liest man eine aktuelle Mitteilung der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten. Danach haben sich die Ebersberger 2018 die Rekordmenge von 190 000 Hektoliter Bier schmecken lassen. Jedenfalls wenn die Landkreisbürger ein ähnliches Biertrinkverhalten an den Tag legen, wie die übrigen Bayern: nämlich pro Kopf und Jahr 135 Liter. Wer auf Visualisierungen Wert legt, stelle sich einfach 19 Würfel vor, jeder mit einer Kantenlänge von zehn Metern und gefüllt mit Bier.

Für die Gewerkschaft ist die Sache damit klar: Wer ein so beliebtes Produkt herstellt, soll auch belohnt werden, für die Mitarbeiter in den Brauereien soll es daher eine Gehaltserhöhung geben. Etwas Wasser in den Wein - pardon: ins Bier - gießt da eine weitere Pressemitteilung, diesmal von einer großen Krankenkasse. Sie vermeldet eine Zunahme des Rauschtrinkens und alkoholbedingter Krankheiten um immerhin 31 Prozent innerhalb von zehn Jahren.

Zahlen, die etwas verwirren. Ist es jetzt gut - für Brauer, Wirte und Stimmung - oder schlecht - für Gesundheit, Verkehrssicherheit und öffentliche Reinlichkeit -, wenn statistisch gesehen etwa ein Viertelliter Bier pro Tag durch jede Ebersberger Kehle rinnt? Eine Menge, die laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zwar noch als unbedenklich gilt - der Grenzwert liegt bei 300 Milliliter für Frauen und 600 für Männer - aber nur, wenn an mindestens zwei Tagen pro Woche gar kein Alkohol getrunken wird. Was dann aber, die 135 Liter pro Jahr und Kopf vorausgesetzt, die Menge an den übrigen Tagen über die Obergrenze steigen lässt - es ist kompliziert. Noch dazu, wenn man bedenkt, dass in Kürze die Biergarten- und - noch kritischer - die Volksfestsaison beginnt, wo Mengen von 300 Milliliter Bier sofort den Verein gegen betrügerisches Einschenken auf den Plan rufen würden.

Wer nun aber versucht, ob der Unmöglichkeit das Dilemma zu lösen, dieses in Alkohol zu ertränken, sei gewarnt - mit den Worten von Heinz Rühmann, der Problemen eines attestierte: gut schwimmen zu können - besonders in Alkohol.

© SZ vom 24.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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