Mitten in Ebersberg:Glückliche Gelbwesten

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Wie Fünfjährige die S-Bahnfahrt erleben

Kolumne von Franziska Spiecker

Die "Gelbwesten" rollen auf Ebersberg zu. Mit roten Käppis auf dem Kopf und bunten Rucksäcken im Gepäck haben sie die S 6 blockiert - oder zumindest die Sitzbänke, die sie jeweils zu dritt besetzen. Ist doch platzsparend, könnte man meinen, dennoch wimmelt es im Abteil nur so von "Gelbwesten".

Doch Sorgen wie Präsident Emmanuel Macron muss sich der Ebersberger Bürgermeister Walter Brilmayer deswegen wohl kaum machen. Im Gegensatz zu den "Gelbwesten" in Frankreich tragen die Fünf- bis Sechsjährigen ihre Warnwesten nicht aus Protest. Auch unzufrieden sind sie nicht mit ihrem Leben im Landkreis - im Gegenteil: Sie sprechen viel von Liebe. "Ich liebe mein Zuhause", ruft ein kleiner Junge begeistert und zeigt auf das Schild von Baldham, an dem die S-Bahn vorbeirollt. "Ich liebe S-Bahnfahren. Und Ausflüge", strahlt der Junge neben ihm.

Er hält die Hand seines Nachbarn - eine unschuldige, kindliche Geste der Freundschaft. Die beiden scheinen noch frei zu sein von gesellschaftlichen Konventionen. Zumindest weitestgehend, ganz egal ist es dem einen dann doch nicht, was die anderen oder genauer, was seine andere Sitznachbarin davon hält. "Ich sag's dir lieber gleich: Ich bin immer noch in dich verknallt", verkündet er ihr deshalb selbstbewusst. Und während die Umworbene noch schmunzelt, beugt sich der andere Junge zu ihr rüber und fragt: "Möchtest du seine Partnerin werden? Dann kannst du auch meine Freundin sein."

Das Mädchen kommt nicht mehr zum Antworten, es reicht gerade noch für ein Lächeln. Dann haben die "Gelbwesten" Ebersberg erreicht. Sie lösen ihre Sitzblockade auf und verlassen die S-Bahn. Friedlich und geordnet, Hand in Hand.

© SZ vom 03.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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