Mitten in Ebersberg:Es lebe der Fisch

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Forellen und Freunde feiern den Niedergang des politischen Aschermittwochs im Landkreis

Von Wieland Bögel

Der Jahresrückblick ist ein unvermeidliches Phänomen, das traditionell in den letzten Dezemberwochen auftritt, sich in den vergangenen Jahren aber stets etwas weiter nach vorne gemogelt hatte. Denn auch hier gilt: je eher desto besser, und am besten man lässt im Oktober schon das Jahr Revue passieren. Schließlich fängt der frühe Vogel den Wurm, egal ob im Ergebnis dann ein bisschen der Wurm drin ist. Diesem Trend folgend sei an dieser Stelle jetzt und heute Mitte Februar bereits der "Gewinner des Jahres" verkündet. Es ist: der Fisch.

Der ist traditionell ein wichtiger Bestandteil von die Fastenzeit einläutenden Veranstaltungen mit politischem Hintergrund: dem Politische Aschermittwoch. Einen solchen gab es in den vergangenen Jahren in so gut wie jedem Ort - gerne auch mal zwei oder drei, wenn etwa jede Fraktion im örtlichen Gemeinde- oder Stadtrat zum Derblecken der jeweils anderen einlud. Ehrengäste waren in Wahlkampfzeiten natürlich die Kandidaten, ansonsten meist überregional bekannte Parteifreunde oder der Partei nahestehende Promis, und zum anderen: die Fische. Während erstere am Podium standen und sich am Publikum abarbeiteten, lagen letztere auf den Tellern, in vielen Variationen, ob knusprig gebraten oder an edlen Kräutern gedünstet, das Publikum arbeitete sich an ihnen ab. Ging es den Wasserbewohnern früher an Aschermittwoch also allüberall und höchst offiziell an den Kragen beziehungsweise an die Schuppen und Gräten, ist heuer im Landkreis eine überraschende Schonzeit für Fische angebrochen. Das hängt mit einem neuen Tiefstand bei den Politik-Events zusammen. Es gibt kaum noch Veranstaltungen, die man unter "Politischer Aschermittwoch" einordnen kann: In Hohenlinden lädt der Bürgermeister ein und in Anzing bittet der stellvertretende Rathauschef zum Fisch. In Grafing waschen die Freien Wähler ihre Geldbörsen und in Steinhöring gibt es eine Veranstaltung der CSU zum Thema Einbruchsprävention. Der Niedergang der Tradition begann vor Jahren, als die Vaterstettener aus Brandschutzgründen ihren Vorzeige-Aschermittwochspolitiker Michael Niebler nicht mehr in die Bütt im "Altschütz" schicken durften. Und auch wenn die Baumängel mittlerweile zwar behoben wurden, die Veranstaltung findet auch heuer nicht statt - wie man hört ist der Redner sogar einfach verreist.

Mancher mag das als Verlust für die politische Kultur bedauern, dessen bevorzugtem Hauptgericht geht solche Nostalgie aber wohl eher an der Schwanzflosse vorbei. Wahrscheinlich machen sie es, wie von Heinrich Hofmann einst gedichtet: "Strecken's Köpflein aus der Flut, Lachen, daß man's hören tut." Aber Vorsicht: In wenigen Monaten ist wieder Volksfest-Saison, und da heißt es dann schnell untertauchen, will man nicht als Steckerlfisch enden.

© SZ vom 10.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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