Mitten in Ebersberg:Ein Traum Ü30

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Ebersberger Autofahrer träumen davon, einmal das Gaspedal bis Tempo 30 runterdrücken zu können. Stattdessen stehen sie sich durch die Stadt

Kolumne Von Max Nahrhaft

In deutschen Gesetzbüchern gibt es so einige kuriose Vorschriften, die mehr als überflüssig erscheinen. Zum Beispiel findet sich in den Untiefen der Rechtssprechung eine Verordnung, die den Umgang mit Braunbären regelt: Demnach ist es strikt verboten, Bären zu stören oder gar zu erschießen. Da tut sich die Frage auf, wer sich freiwillig einem ausgewachsenem Braunbär zum Duell stellen möchte. Doch selbst wer diese Sehnsucht verspürt, wird es in Deutschland, wo kaum ein Bär mehr durch die Wälder tappt, schwer haben.

In Ebersberg muss man sich zu einem anderem Thema auch die Frage stellen, wie man könnte, wenn man wollte. Dort wurde im Technischen Ausschuss des Stadtrates diskutiert, ob man sich ein Tempo-30-Limit auf allen innerstädtischen Straßen vorstellen könnte. Stadtrat Christoph Münch (SPD) spricht von Verkehrsberuhigung, Lärmschutz und weniger Schadstoffemissionen - alles schön und gut. Doch wer schon einmal auf den Straßen Ebersbergs unterwegs war, wird feststellen, dass es gar nicht möglich ist, schneller als 30 zu fahren. Stehen oder langsames Rollen ist die Kür des Ebersberger Straßennutzers. Der Stau durch den Ortskern gehört zur Kreisstadt wie die Wildsau zum Forst. Wer noch nie am Rathauseck stand und wartete, bis es vorwärts ging, war noch nicht in Ebersberg. Da klingt es fast spöttisch, wenn die Polizei berichtet, dass es innerorts keine geschwindigkeitsbedingten Unfälle gibt. Gott, oder besser dem Stau, sei Dank ist nichts passiert. Doch möglich wäre es auch kaum.

So wundert sich Martin Schedo, Stadtrat (CSU) und Polizist in Ebersberg, über die Sinnhaftigkeit des Tempolimits. Er würde sich wünschen, überhaupt einmal so schnell fahren zu können. Natürlich kann man argumentieren, wie Münch es tut, dass aus sachlicher Sicht nichts gegen eine Geschwindigkeitsbeschränkung spreche, wenn sich sowieso alle daran halten - gezwungenermaßen. Der Antrag wurde dennoch abgelehnt. Vielleicht hätte man sich dafür entscheiden sollen. Dann würden die Schilder am Straßenrand an eine Zeit erinnern, in der es möglich sein wird, das Gaspedal bis zur 30 durchzudrücken. Bis dahin kann man sich aber über die Idee zum Tempolimit nur wundern.

© SZ vom 20.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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