Mitten in der Region:Der Blaumann kommt um vier

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...oder auch nicht. Der Spurt nach Hause war jedenfalls gänzlich umsonst

Kolumne von Sabine Wejsada

Schon Wochen vor dem großen Tag kündet der gelbe Zettel von einem unaufschiebbaren Termin: Der Heizungsableser kommt - und alle müssen daheim sein. Das erste Mal seit Jahren übrigens, denn das Kästchen mit sämtlichen Daten, die per Funk von jedem einzelnen Heizkörper in jeder Wohnung übertragen werden, hängt im Erdgeschoss des Mehrfamilienhauses. Da braucht es nicht die verpflichtende Anwesenheit aller Bewohner, um eingelassen zu werden. Da langt einer, im besten Fall der Hausmeister.

Das Zeitfenster für die angekündigte persönlich Heimsuchung ist klein. An einem Freitag zwischen 16 und 17 Uhr müssen die Bewohner parat stehen. Auf dem großen Zettel, den die Firma außen an die Haustür im Flur gepappt hat, stehen gleich noch ein paar Benimmregeln: Die Ablese-Fachkraft muss unverstellte Heizkörper vorfinden. Möbel werden also verrückt, das Fensterbrett von Staub befreit. Wer es nicht selbst schafft, den Heizungsableser in die Wohnung zu lassen, soll einem Nachbarn die Schlüsselgewalt übertragen. Sonst droht Ungemach: Steht der Blaumann vor verschlossenen Türen, kostet das schlappe 35 Euro. Eine Wunschzeit ausmachen könnte man auch, ist auf dem Zettel zu lesen, freilich gegen einen Aufpreis in derselben Höhe. Sonst noch was?

Der Termin ist fix, seit der öffentlichen Bekanntgabe steht er in allen analogen und digitalen Erinnerungslisten. Doch ausgerechnet am Tag der Abrechnung geht es im Büro drunter und drüber. Auf dem Heimweg ist zu allem Überfluss auch noch Stau, weil offenbar ganz schön viele um die Zeit schon ins Wochenende düsen. Um eine Minute vor vier ist das Zuhause erreicht, außer Atem zwar, aber immerhin 35 Euro gespart.

Und dann? Passiert nichts. Keiner klingelt, keiner klopft. 17 Uhr ist längst durch, als der Nachbar von gegenüber vor der Tür steht und sich ebenfalls wundert. Darüber, dass niemand Einlass begehrt hat, aber irgendwer ganz zufällig den gelben Zettel mit Verhaltenskodex und Gebührenaufschlagsandrohung bei Terminverschiebung verschwinden hat lassen. Unbemerkt, still und leise.

© SZ vom 05.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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