Mitten an Weihnachten:Corona-Frust? Bah, Humbug

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Trotz der Einschränkungen haben es die Ebersberger während der Feiertage doch ganz gemütlich

Glosse von Wieland Bögel

Der Zeit seines Lebens für die Verkörperung besonders schurkischer Schurken berühmte Alan Rickman gab vor gut 30 Jahren den berüchtigten Sheriff von Nottingham. In einer Szene verkündet er weitere Schikanen und Zumutungen für die gepeinigten Untertanen und schließt mit: "... und sagt Weihnachten ab". Wäre Rickmans Sheriff real, er hätte am Jahr 2020 vermutlich seine helle Freude. Schließlich ist es an Schikanen und Zumutungen für die Untertanen nicht gerade arm - Urlaubsreisen, Biergarten- oder Restaurantbesuche, Veranstaltungen und so weiter, alles schon abgesagt - und nun steht ein Weihnachten vor der Tür, das nun zwar irgendwie stattfindet, aber doch nur fast: Keine Last-Minute-Shoppingtouren, keine Verwandtenbesuche, Gottesdienste nur im kleinsten Kreis mit Anmeldung, und die Weihnachtsreisen fallen meist auch aus.

Dass dafür kein Schurke, sondern die berühmte höhere Gewalt - hier in Form einer Krankheit - verantwortlich ist, mutet angesichts eines Festes, welches das Höhere an sich feiern will, etwas befremdlich an, ohne hier in die Tiefen und Untiefen der Theodizee einsteigen zu wollen. Höchstens ein kleines bisschen, mit der Frage, wie übel denn das Übel ist, das auch und ausgerechnet zu Weihnachten - das ist übrigens die wörtliche Übersetzung von Epidemie - auf der Bevölkerung lastet? Natürlich: Dass mit Corona nicht zu spaßen ist, werden nur die wenigsten bestreiten, aus Gründen des Weihnachtsfriedens sei auf diese Position nicht weiter eingegangen. Wer nun aber - und das sind zum Glück die meisten - sich das Virus nicht einfängt, hat es heuer trotz Einschränkungen zu Weihnachten eigentlich ganz gemütlich. Wer es nicht glaubt, möge sich vorstellen, es sei nicht 2020, sondern 75 Jahre früher, oder man sei nicht in Ebersberg, sondern in einer Gegend, die mit oder ohne Corona weit weniger gesegnet ist.

Zwar haben nicht alle Läden geöffnet aber die Frage, wo man etwas zu essen bekommt, müssen sich nur die allerwenigsten stellen, genauso wenig wie die nach einem Dach über dem Kopf. Wer in den Tagen vor dem Fest im Landkreis unterwegs ist, sieht Familien beim Einkauf unter üppigem Weihnachtsschmuck, sieht Spaziergänger, denen es angesichts des für die letzten Tage vor Weihnachten üblichen Frühlingswetters ein bisschen zu warm unter den dicken Winterjacken ist, kurz: ein Bild von Wohlstand. Der auch nicht geringer wird dadurch, dass heuer eben nicht alles stattfinden kann, was man aus vergangenen Jahren gewohnt ist. Oder, wie es vielleicht Ebenezer Scrooge gesagt hätte - wenn auch wohl nach dem Besuch der drei Geister: sich von Corona das Fest vermiesen lassen? Bah, Humbug!

© SZ vom 24.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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