Medienerziehung:Verbot versus Verantwortung

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Konrektorin Melanie Hafner (Mitte) sowie die Schülersprecher Rebekka Franz und Magnus Eichert sehen das Projekt positiv. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Drei Schulen aus dem Landkreis nehmen an einem bayernweiten Versuch zur privaten Handynutzung in der unterrichtsfreien Zeit teil. Die erste Bilanz fällt - trotz unterschiedlicher Regelungen - positiv aus

Von Franziska Spiecker, Ebersberg

"Im Schulgebäude und auf dem Schulgelände sind Mobilfunktelefone und sonstige digitale Speichermedien, die nicht zu Unterrichtszwecken verwendet werden, auszuschalten." So steht es bis heute im bayerischen Unterrichtsgesetz. Doch seit dem Beginn dieses Schuljahres ist diese Regelung durch einen bayernweiten Schulversuch aufgelockert: In 135 bayerischen Schulen, davon drei im Landkreis Ebersberg, wird zurzeit getestet, wie der private Umgang mit Handys in der unterrichtsfreien Zeit aussehen kann. Und obwohl die teilnehmenden Schulen im Landkreis dafür unterschiedliche Regelungen getroffen haben, fällt die bisherige Bilanz in allen Fällen positiv aus.

"Es läuft tatsächlich alles sehr problemlos", freut sich Melanie Hafner, die stellvertretende Schulleiterin der Dominik-Brunner-Realschule Poing. Bereits vor Weihnachten hätten Vertreter von Lehrern, Schülern und Eltern eigene Regeln für den Umgang mit Smartphones erarbeitet: Nur die Schülerinnen und Schüler der neunten und zehnten Jahrgangsstufe dürfen ihre Handys zu bestimmten Zeiten (vor Unterrichtsbeginn am Morgen und in der Mittagspause) an bestimmten Orten (im Pausenhof und im Atrium) für private Zwecke benutzen. Ob sich daran gehalten werde? Hafner bejaht: "Man bemerkt nicht viel." Manche Schüler hörten auf dem Handy Musik, weil sie sich dann beim Lernen besser konzentrieren könnten, aber insgesamt sehe man nicht viele Schüler mit Mobiltelefonen: "Da ist die Gesellschaft in der Schule anscheinend noch wichtiger." Auch die Befürchtungen, Schüler würden trotz des Verbots, Fotos über soziale Medien verbreiten und auf diesem Wege Mobbing betreiben, seien nicht eingetreten.

Ähnlich positiv fällt das Fazit an der Seerosenschule in Poing aus. Auch hier haben die Schülerinnen und Schüler an ihren Handynutzungsregeln mitgewirkt: "Das Handy darf nur in der zweiten Pause eingeschaltet und nur zum Surfen genutzt werden", erklärt Schulleiter Jörn Bülck. Fotografieren und die Bilder ins Netz hochladen sei also auch hier verboten. Zudem gebe es an drei Tagen "Handyzeiten", die die Schüler selbst verwalten. In einem bestimmten Raum werde dann ein Gast-Wlan eingeschaltet, das jeweils 14 Schüler ab der sechsten Klasse nutzen dürften. Wer und wann? Das organisieren die Schüler nach Angaben des Schulleiters selbst, und bislang laufe es "sehr gut". Die Handys seien im Wesentlichen aus, erklärt Bülck, und dadurch, dass die Schüler im Rahmen des Versuchs im Umgang mit ihren Smartphones Verantwortung übernommen haben, sei es ein "Erfolgsmodell".

Nicht ganz so überschwänglich, aber dennoch positiv bewertet die stellvertretende Leiterin des Humboldt-Gymnasiums Vaterstetten, Marion Freytag, ihre bisherige Erfahrung mit der neuen Handynutzung: "Es läuft gut", wobei die Änderungen an ihrer Schule ja auch nicht groß seien. Seit den Osterferien dürfen dort die Oberstufenschüler auch außerhalb des Unterrichts ihre Handys nutzen, allerdings - im Unterschied zu den anderen teilnehmenden Schulen im Landkreis - nur für schulische Zwecke. Freytag begründet das so: "Welche privaten Zwecke sollte es in der Schule geben?" Die Schüler gingen mittags nach Hause, und für wichtige private Angelegenheiten, etwa eine Benachrichtigung der Eltern, dürften sie ihre Handys - wie auch vor Start des Schulversuchs - nach Absprache mit Lehrkräften nutzen.

Insgesamt zwei Jahre, bis Ende des kommenden Schuljahres soll der Versuch noch gehen. Angestoßen wurde die Debatte über das Handyverbot durch einen Dringlichkeitsantrag der Grünen im Landtag Anfang des vergangenen Jahres: Das Handyverbot von 2006 sei "nicht mehr zeitgemäß" und "konnte bisher weder die Nutzung unerwünschter Online-Dienste verhindern, noch konnte die Mitnahme eingeschränkt und die Gesamtnutzungsdauer sinnvoll reduziert werden". Um "echte Medienkompetenz" zu vermitteln, forderten die Grünen daher, dass Schulen, Schüler und Elternbeirat eigene Regeln für den Umgang mit Handys treffen sollten.

Die CSU lehnte den Antrag im Landtag zwar ab, doch ihr Schulversuch wies wenig später doch in eine ähnliche Richtung. "Im Schulterschluss mit Schulleitern, Lehrern, Eltern und Schülern und unter wissenschaftlicher Begleitung wollen wir so Möglichkeiten ausloten, um neben der pädagogischen Nutzung von Handys im Unterricht auch dem Wunsch nach einem privaten Gebrauch von Smartphones im Schulalltag zu entsprechen", so der damalige Kultusminister Bernd Sibler (CSU).

Damit das gelingt, legen die teilnehmenden Schulen einen Schwerpunkt auf Medienerziehung: So gab es zum Beispiel an der Dominik-Brunner-Realschule Veranstaltungen zum Thema "Recht am eigenen Bild", bei denen den Schülerinnen und Schülern unter anderem die Konsequenzen bei Missachtung solcher Persönlichkeitsrechte verdeutlicht wurden. Die stellvertretende Schulleiterin Hafner resümiert: "Die Digitalisierung kommt und holt uns alle ein. Deswegen ist es sinnvoller, die Kinder darauf vorzubereiten, als sie alleine zu lassen."

© SZ vom 17.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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