Logistische Herausforderung:Zwischen Kisten und Kartons

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Während der Sanierung der Steinhöringer Korbinianschule findet der Unterricht in Containern statt. Momentan laufen die Vorbereitungen für den Umzug auf Hochtouren

Von Annalena Ehrlicher, Steinhöring

Kartons über Kartons, soweit das Auge reicht: In den Klassenzimmern, vor den Klassenzimmern, versteckt in der Küche im Untergeschoss - kein Raum der Steinhöringer Korbinianschule, dem man nicht ansehen würde, dass ein Umzug bevorsteht. "1400 Kartons haben wir mittlerweile gepackt, glaube ich", sagt Schulleiter Klaus Hagenberger und schiebt eines der Exemplare mit dem Fuß zur Seite. "Ganz genau kann ich es nicht sagen, weil die weggehen wie warme Semmeln", fügt er hinzu. Claudia, die Schülersprecherin der Korbinianschule, erklärt lachend: "Man findet halt ständig noch etwas, das doch noch verpackt werden muss!"

Daniela Koller-Kreigel packt in ihrem Klassenzimmer. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Der Grund für den Umzug ist die Sanierung des Schulgebäudes der Einrichtung für geistig und mehrfach behinderte Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die innerhalb der kommenden eineinhalb Jahre realisiert wird. "Eine Sanierung bei laufendem Schulbetrieb hätten wir unseren Schülern gar nicht zumuten können - auch wenn die Lösung auf den ersten Blick vielleicht weniger aufwendig erscheint", so Hagenberger.

Die Osterferien werden nun genutzt, um den Umzug in die bereitgestellten Container am Sportplatz des Einrichtungsverbundes zu bewerkstelligen. Nach den Osterferien soll der Unterricht dann ganz regulär in den Containern einsetzen. Auf die Frage, ob der Umzug für die Schüler nicht belastender als der potenzielle Lärm einer schrittweisen Sanierung sei, schüttelt Hagenberger den Kopf und sagt: "Wir haben das ja von langer Hand geplant und kommuniziert, wodurch die Schüler Zeit hatten, sich darauf vorzubereiten." Die Schule habe den Umzug zum Thema des Jahres gemacht und die Schüler immer mit eingebunden.

Packen, entrümpeln, Pizza essen: Bald ist der Umzug geschafft. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Wenige Tage vor dem endgültigen Umzug summt es in den Korridoren und Klassenzimmern vor Aktivität. Selbst die Kleinsten im Montessori-Kindergarten tragen eifrig Gegenstände von einer Ecke in die nächste. Bei den älteren Schülern geht es koordinierter zu: "Wir haben die Sachen aus unserem Zimmer ganz exakt beschriftet", erzählt Claudia, "ärgerlich war nur, dass die Etiketten nicht gut auf den Kartons kleben." Da habe man dann viel getackert, um sicher zu gehen. Tatsächlich sind die farbigen Aufkleber, die mittlerweile an allen Möbelstücken und Kartons kleben, der Garant gegen Chaos: Gelb steht für einlagern, rot für die Container am Reitplatz und weiß für die neuen Container am Sportplatz.

Schulleiter Klaus Hagenberger ist froh. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

"Weg mit dem Kram, muss man sich da manchmal sagen", doziert Claudia grinsend und schwärmt davon, wie gut es ist, vor einem Umzug auszumisten. Die 18-jährige Schülersprecherin lacht viel, während sie über die Umstellungen redet und von den Planungen für die Einweihungsfeier im Mai erzählt. Ob die vergangenen Wochen nicht anstrengend für sie waren? "Quatsch, wir arbeiten alle zusammen und die Lehrer sagen uns ja, was wir einpacken sollen", sagt sie und fügt hinzu: "Ich kann mir gerade noch nicht so richtig vorstellen, in den Containern unterrichtet zu werden, aber ich bin richtig gespannt."

Noch stapeln sich die Umzugskartons in den Gängen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

In den Osterferien ist sie eine der ersten, die sich in den neuen Räumen umsehen kann. Obwohl dort gerade ebenfalls noch gebaut wird, sind diese hell und einladend. "Sicher schöner als von außen", sagt Claudia kichernd. Orchestriert wurde das Großprojekt Umzug im Einrichtungsverbund von einem Architektenbüro. "Anders wäre das gar nicht möglich gewesen", so Hagenberger. "Die noch spannendere Herausforderung für uns wird aber die zukunftsfähige Gestaltung der Schule, die dann in den kommenden Monaten ansteht." Also nicht die Füße hochlegen nach dem Umzug? "Nein, das ist nicht drin! Wir wollen den Schwung nach der Sanierung nutzen und gleich weitermachen." Besonders wichtig ist dem Schulleiter, dass die Rahmenbedingungen für "modernen Unterricht" geschaffen werden. "Wie sollen wir Medienkompetenzen an der Kreidetafel vernünftig vermitteln?", fragt er. Für die Finanzierung hofft Hagenberger auf Unterstützung vom Freistaat.

Läuft man in Begleitung des Schulleiters durch die Gänge, bekommt man den Eindruck, mit einem Rockstar unterwegs zu sein. Ständig will jemand mit ihm abklatschen, kurz eine besonders schön gepackte Kiste zeigen oder schlichtweg plaudern. Elias bekommt gar nicht genug: "Was machen Sie heute?", will er wissen. "Packen." "Und danach?" "Weiterpacken", antwortet Hagenberger lapidar und Elias quietscht vergnügt und schiebt einen Karton in die Ecke.

In der Küche im Untergeschoss gibt es währenddessen Pizza, die die Jugendlichen zwischen Kartons sitzend verspeisen: "Stärkt euch nur, damit ihr danach weitermachen könnt, ihr fleißigen Packer", ruft Hagenberger im Vorbeigehen und erntet begeistertes Jubeln dafür. Der 60-Jährige kommentiert die Szene mit einem zufriedenen Lächeln: "Was soll ich sagen? Das Projekt 'Wir ziehen um' hat bei einigen völlig unerwartete Energien freigesetzt."

© SZ vom 23.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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