Kultur in Vaterstetten:"Ich halte das Angebot für unverzichtbar"

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Georg Reitsberger hat als Vaterstettener Bürgermeister kaum ein Rathauskonzert verpasst

Interview von Ulrich Pfaffenberger

Sieben Jahre lang war Georg Reitsberger, ein Landwirt mit Passion, Bürgermeister von Vaterstetten - und als solcher stets Ehrengast bei den "Rathauskonzerten". Die Reihe wurde vor mehr als 40 Jahren von Kurt Schneeweis ins Leben gerufen und ist mit ihrem niveauvollen Programm ein Aushängeschild der Gemeinde. Allerdings dürfen die Konzerte aus Brandschutzgründen nicht mehr im Rathaus stattfinden, man muss ausweichen, zum Beispiel in den Saal des Seniorenwohnheims oder ins Bürgerhaus Neukeferloh. Reitsberger war in seiner Amtszeit als Rathauschef, die nun aus Altersgründen zu Ende gegangen ist, trotzdem Stammgast, er hat kaum eine Ausgabe verpasst. Hier erzählt er, wie der regelmäßige Musikgenuss ihn verändert hat.

Auf dem Weg vom Parkplatz zum Konzert haben wir uns mal kurz darüber unterhalten, wie die Rathauskonzerte Ihr Ohr für die Musik verändert haben. Wie würden Sie diese Wirkung beschreiben?

Eigentlich bin ich ja nicht der große Musikkenner. Obwohl mir eigentlich eine musikalische Ader angeboren war, über meine Mutter, die in Ottendichl die Orgel gespielt und den Kirchenchor gegründet hat. Aber ich war im Ort schon von klein an als "Schreikind" bekannt. Daheim habe ich halt mit meinen Geschwistern gesungen und in der Kirche "Großer Gott, wir loben dich". Aber schon damals blieb außerhalb der Arbeit wenig Zeit dafür - und ich habe mich auch nicht besonders hervorgetan. Als Bürgermeister und regelmäßiger Besucher der Vaterstettener Rathauskonzerte hat sich das eher oberflächliche Interesse dann aber gewandelt. Wenn man regelmäßig so hohe Qualität vorgesetzt bekommt, liegt das auf der Hand.

Georg Reitsberger bei einem seiner zahlreichen Termine als Vaterstettener Bürgermeister. (Foto: Christian Endt)

Sie haben von Ihrem Ehrenplatz in der ersten Reihe die Konzerte immer hautnah erlebt. Was ist Ihnen dabei besonders in Erinnerung geblieben?

Dass ich mir nie Sorgen zu machen brauchte, wenn ich erst ein paar Minuten vor Beginn kommen konnte. Mein Platz war mir sicher. Andererseits hat mir das aber auch ein paar Sticheleien eingebracht, zum Beispiel vom "Bruder Jonas". Aber im Ernst: Der Augenkontakt mit den Künstlern, die direkte Nähe beim Hinhören und Zuschauen - das ist schon etwas Besonderes.

Welche einzelnen Momente oder Konzerte haben sich besonders tief bei Ihnen verankert?

Da kann und möchte ich keinen einzelnen hervorheben. Die Eindrücke sind zu unterschiedlich, um sie zu vergleichen. Was mich immer wieder berührt hat, das war generell die Anwesenheit von Weltklasse-Künstlern bei uns im Ort. Da haben wir mit den großen Musiksälen der Welt konkurriert - und bestanden.

Was bedeuten solche Konzertangebote für das Gemeindeleben - zum Beispiel gerade im Wettbewerb mit dem nahen Mega-Angebot in München?

Kurt Schneeweis, Intendant der Rathauskonzerte, hier mit der Pianistin Elena Bashkirova. (Foto: Christian Endt)

Für Vaterstetten sind die Rathauskonzerte seit über 40 Jahren ein Markenzeichen - und zwar eines, um das uns viele andere beneiden. Für die ältere Generation ist daraus ein vertrautes Angebot entstanden, das man sozusagen in der Nachbarschaft genießen kann und für das es keine lange Fahrt von und nach München braucht. Auch wenn die Jüngeren in unserer schnelllebigen Zeit nicht mehr die Geduld für solche Konzerte aufzubringen scheinen, halte ich das Angebot für unverzichtbar.

Teilen Sie den Eindruck, dass Musik viele Hürden überwindet - nicht nur vom Podium in die erste Reihe?

Musik verbindet, weltweit. Das sieht man ja auch an den Ensembles, die oft aus mehreren Nationalitäten bestehen.

Die Rathauskonzert halten neben den "ernsten" immer auch unterhaltsame, lockere Momente oder "Blicke über den Tellerrand" für das Publikum bereit. Macht das die eigentliche Anziehungskraft aus?

Die Klassik ist das Besondere. Mit den zusätzlichen Angeboten weckt man das Interesse vor allem bei Jüngeren oder Menschen, die nur gelegentlich Konzerte besuchen wollen. Diese Mischung hat sich sehr bewährt, und ich gehe davon aus, dass sich das in Zukunft eher noch verstärken wird.

Hätten Sie die Konzerte lieber doch im Rathaus gehört, wenn das gegangen wäre?

Dort hatten wir natürlich eine optimale Akustik. Sogar der Bayerische Rundfunk hat das geschätzt und einige Aufnahmen dort produziert. Dazu kam das Sitzangebot in den Rängen, das hat das Publikum geliebt. Irgendwann werden wir vielleicht doch noch ein Gemeindehaus bekommen, einen Kulturtempel in einer lebendigen Ortsmitte. Die Rathauskonzerte haben dazu beigetragen, dass wir eine lebendige Gemeinde geblieben sind. Es wäre schön, wenn wir den Raum dafür bewahren.

© SZ vom 18.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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