Künstler Otto Dressler:Blut am Boden

Selbst posthum sorgt der Moosacher Künstler Otto Dressler für Aufregung: Eine Ausstellung in der Alten Brennerei in Ebersberg zeigt seine Werke. Doch die Post weigerte sich zunächst, die Einladungskarten zu verschicken. Die Bilder.

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Selbst posthum sorgt der Moosacher Künstler Otto Dressler für Aufregung: Eine Ausstellung in der Alten Brennerei in Ebersberg zeigt seine Werke. Doch die Post weigerte sich zunächst, die Einladungskarten zu verschicken. Die Bilder. Verfremder, Übermaler, Aktionskünstler: Dem 2006 verstorbenen Künstler Otto Dressler aus Moosach widmet die Alter Brennerei in Ebersberg eine Retrospektive. Doch diese Einladungskarten sorgen schon im Vorfeld für Ärger. Darauf zu sehen: Otto Dressler inmitten einer Installation, auf der unter anderem ein Hakenkreuz angebracht ist. Den Kunden sei dies nicht zuzumuten, hieß es von Seiten der Post. Rechts im Bild zu sehen die politisch korrekte Variante. Das nationalsozialistische Emblem wurde bei allen 800 Einladungen überklebt.

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Wie kaum ein anderer hat sich Otto Dressler an diesem Land, seiner Geschichte, seinen Widersprüchen und Verlogenheiten abgearbeitet, hat sie als "Verfremder", wie er sich selbst bezeichnete, kenntlich gemacht und als Aktionskünstler vorgeführt. Der Titel dieser Installation: "Vom Erbe der Väter zum Wahnsinn der Enkel." Dressler lässt von der Nazizeit bis zu den Opfern rechter Gewalt heute eine Blutspur verlaufen.

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Dominierend in der Ausstellung sind die großen Installationen. Darunter der "US-Phoenix", der sich aus den Türmen des World Trade Centers erhebt. Ein schreiendes, behelmtes Skelett im "Jahrhundertkreuz".

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Im Eingang begrüßen den Besucher die "Befehlsempfänger". Statt Köpfen stehen drei Helme auf Metallstelen, im Rumpf ein Gewehr, auf der Brust einen Orden. Apparate, die Schießbefehle ausführen, ohne nachzudenken.

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Menschen und Masse: Die schwarzen Flecken verschwimmen in der Ferne zu Gesichtern, anstelle eines Gehirns hat Dressler ihnen Festplatten eingepflanzt. Die Welt, die Dressler hier zeichnet, wirkt düster, verstörend.

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Neben den Installationen finden sich Dresslers Objektkästen - jeder eine Auseinandersetzung mit den verfassungsmäßig garantierten Grundrechten und ihrer mangelhaften Umsetzung in der Realität.

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Es sind insbesondere diese Objektkästen, mit denen der Künstler in beklemmender Weise die Abgründe der Gesellschaft verdeutlichen will, immer mit schwarzem Hintergrund. Das Bild oben sowie die folgenden Fotos stammen aus einer Ausstellung in der SZ-Galerie in Ebersberg im vergangenen Jahr. "Arbeit macht frei", steht am Rand dieses Kastens. Dressler spielt also mit dem zynische Schriftzug der Nationalsozialisten vom Tor des Konzentrationslagers Auschwitz. Er zeigt einen Arbeitshandschuh, der einer Zwangsjacke ähnelt, festgenagelt am Boden.

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Auch in diesem Kasten verwendet Dressler Symbole mit NS-Bezug: Unter dem Hemdkragen lugt das Eiserne Kreuz hervor, dann fällt der Blick auf das Einschussloch in der Brust. "Des Soldaten Hemd" ist der Titel dieses Werks. Doch nicht nur der Vergangenheit wendet sich Dressler in seiner Arbeit zu.

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Den Überwachungsstaat thematisiert der Künstler in diesem Objektkasten: Der Kopf des Bürgers ist aufgeschnitten. In die Gehirnwindungen ist ein Chip eingesetzt, aus dem Kunststoffblut fließt. Der Mensch ist in seinem eigenständigen Denken verletzt, eine Wunde, die Ende der achtziger Jahre klein war, sich aber durch Technologisierung und Automatisierung vergrößert hat.

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

"Endzeit" ist der Titel dieses Objektkastens. Es zeigt einen weißen Vogel im Sturzflug - hinein in einen blutroten Pfropfen und eine ausgedörrte Wüstenlandschaft. 

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Dressler sucht den Weg zur Erkenntnis im Brecht'schen Sinne in der Verfremdung. Er arrangiert Fundstücke aus dem Alltag zu einer neuen Aussage. Zum Beispiel in diesem Objektkasten, der den Titel "Ikarus heute" trägt.

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(Foto: EBE)

Hildegard Dressler in einem Raum mit den Kunstwerken ihres Mannes. Sie will das Werk am Leben erhalten, dafür sorgen, dass es weiter zum Nachdenken anregt. Ganz im Sinne des verstorbenen Künstlers. Die Vernissage der Ausstellung "Otto Dressler, Arbeiten 1980 - 2005" findet am Samstag, 13. November, um 18 Uhr in der Alten Brennerei in der Bahnhofstraße 24 in Ebersberg statt. Die Werke Dresslers sind bis 5. Dezember zu sehen, und zwar Freitags bis Sonntags von 14 bis 18 Uhr.

© sueddeutsche.de/Lena Grundhuber/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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