Kreisklinik:Kuscheltier mit Kopfweh

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Teddy in der Notaufnahme - Florian Schilling und Bernadette Albrecht-Machl Ärzte der Kreisklinik. (Foto: Christian Endt)

Beim "Teddy-Tag" in der Notaufnahme sollen Kinder und Eltern die Angst vor dem Krankenhaus verlieren

Von Annalena Ehrlicher, Ebersberg

Vorsichtig hält Unfallchirurg Florian Schilling die langen Ohren des Patienten zurück, während die Oberschwester der Notaufnahme Bernadette Albrecht-Machl den Kopfverband anlegt. Der Patient: Ein etwa 60 Zentimeter hoher Plüschhase, der die Behandlung stoisch über sich ergehen lässt. Die Szene spielt sich nicht beim Tierarzt ab; Schilling und Albrecht-Machl sind die Leiter der frisch gegründeten Teddy-Klinik in der Kreisklinik Ebersberg.

"Ich habe das Projekt bei einem Freund kennengelernt und dort gesehen, wie super es funktioniert", erzählt der Unfallchirurg. Die Idee hinter der Teddy-Klinik ist, Kindern ab drei Jahren als auch deren Eltern die Angst vor Behandlungen in der Notfallambulanz zu nehmen. "Das wird keine reine Kinderbespaßung, sondern es geht schon darum, den Leuten auch zu zeigen, dass wir hier Kinder unfallchirurgisch gut versorgen." Da die Aktion an der Kreisklinik am Samstag, 6. Mai, zum ersten Mal stattfindet, "ist es natürlich schon aufregend", sagt er.

Die Notaufnahme öffnet an diesem Tag ihre Türen für Familien mit Kindern zwischen drei und sechs Jahren, sowie für deren Teddys, Puppen, Kuscheltücher - "nur nichts Lebendiges!", wirft Schilling ein. "Je nachdem wie die Diagnose für den Teddy ausfällt, erfolgt die Behandlung", so Schilling. Ist der Teddy vom Trampolin gefallen? Oder vom Fahrrad gestürzt? Hat er sich beim Tretrollerfahren den Fuß verstaucht? "Die Kinder können da ruhig ihrer Fantasie freien Lauf lassen."

Für die richtige Notfallaufnahmeerfahrung ist auch die Zeit vor der Behandlung wichtig: Die Registrierung der Patienten und der Aufenthalt im Warteraum. "Die verletzten Puppen werden regulär aufgenommen und bekommen sowohl eine Krankenkarte als auch einen Arztbrief ausgestellt", sagt Schilling, der selbst Kinder im Kindergartenalter hat.

Die Begeisterung für das Projekt merkt man den Leitern der Teddy-Klinik deutlich an. Obwohl die Vorbereitungen parallel zum normalen Klinikbetrieb ablaufen, wird der Tag, an dem sie die Familien empfangen, minutiös geplant und mit zahlreichen Details versehen - die intensive Planungsphase ging bereits Anfang des Jahres los. "Schön ist, dass alle sich sofort begeistert angeschlossen und freiwillig gemeldet haben", so der junge Arzt.

Von Verwaltungs- und Pflegepersonal bis zu den Ärzten haben sich so viele Freiwillige gemeldet, dass am 6. Mai vier Teams mit je einem Arzt oder einer Ärztin und einer Notaufnahme-Schwester die Familien empfangen können. Pro Kind, beziehungsweise Teddy, sind etwa 15 Minuten eingeplant. Sollten sich weniger als 80 Interessierte melden, "können wir das natürlich ausdehnen", so Albrecht-Machl.

Aus Karton und Butterbrotpapier hat sie zu Anschauungszwecken mit ihren Kolleginnen eine "Röntgenmaschine" gebaut, "aus der dann eben auch Fotos rauskommen", erzählt sie strahlend. "Die leitende Oberärztin der Radiologie ist auch mit im Boot", fügt Schilling hinzu. Die ersten Testergebnisse sind überzeugen: Wen man einen Plüschelefanten röntgt, sieht man auf dem Bild die Nähte des Stofftiers wie Knochen im Körper - auf dem Ausdruck sind Körper, Ohren und Rüssel des Vierbeiners klar zu erkennen.

"Und für die Schmerzen haben wir natürlich auch etwas parat", fügt die Leiterin des Pflegepersonals hinzu. Mit Gummibärchen-Schmerzmitteln sowie Schienen und Verbänden werden die plüschigen Patienten in der Notfallambulanz verarztet. "Wichtig sei, dass die Kinder die Angst vor Ärzten und medizinischen Geräten verlieren oder diese im Idealfall gar nicht erst entwickeln. Da gebe es Tabu-Sätze, erläutert Albrecht-Machl. "Das tut gar nicht weh", ist so einer. "Manches tut nun mal weh und wenn ein Kind einmal so angeschwindelt wurde, macht das alle Folgebehandlungen sehr schwer", erklärt sie. Statt also etwas zu behaupten, müsse man die Kinder ernst nehmen und ihnen durch die eigene Ruhe die Angst nehmen.

"Aber natürlich ist es nicht leicht, ruhig zu bleiben, wenn das eigene Kind zum ersten Mal eine Platzwunde hat. Das kann ja schon wild aussehen", sagt Schilling. Um Eltern auf diese und ähnliche Situationen vorzubereiten, hält der Arzt, während die Kleinen bei der Behandlung ihrer Kuscheltiere zuschauen dürfen, einen Vortrag, in dem es um das richtige Verhalten bei Un- und Notfällen geht. "Dazu kommt aber auch, dass ich darüber aufkläre, welche Fälle tatsächlich für die Notaufnahme geeignet sind", so der Leiter der Teddy-Klinik, "Zeckenbisse beispielsweise gehören nicht dazu."

Der Tag in der Teddy-Klinik Ebersberg findet am Samstag, 6. Mai, zwischen 10 und 14 Uhr statt. Kosten fallen keine an, über eine Anmeldung würden sich die Organisatoren allerdings freuen. Weitere Informationen bei der Kreisklinik unter Telefon (08092) 82 22 70.

© SZ vom 06.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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