Kommentar:Zeit für etwas Distanz

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Sylvia Boher aus der Partei zu werfen, ist zurecht ein aufwendiges Verfahren. Ihre Parteifreunde im Gemeinderat könnten sich schneller positionieren und sie aus der Fraktion ausschließen

Von Wieland Bögel

Parteien nehmen für sich gerne in Anspruch, so etwas wie eine große Familie zu sein. Manchmal, das zeigt der aktuelle Eklat um Sylvia Boher, ist dieser Anspruch ziemlich nahe an der Realität. Denn ähnlich wie man die etwas wunderliche Tante nicht einfach aus der Familie werfen kann, können auch Parteien wunderliche Mitglieder nicht einfach so vor die Tür setzen. Zwar gibt es für Härtefälle die Möglichkeit eines Parteiausschlusses - der gegen Boher sogar angestrengt werden könnte - dies ist aber ein aufwendiges Verfahren mit ungewissem Ausgang.

Diese Schwierigkeiten sind beabsichtigt und auch durchaus berechtigt. Der Gesetzgeber verweist hier auf die innerparteiliche Demokratie: Eine von der Mehrheit abweichende Meinung ist daher kein Grund für einen Ausschluss. Nur wer "vorsätzlich gegen die Satzung oder erheblich gegen Grundsätze oder Ordnung der Partei verstößt", kann nach dem Parteiengesetz ausgeschlossen werden, aber auch nur dann, wenn der Partei "schwerer Schaden" zugefügt wurde. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, darüber entscheiden mehrere Instanzen von Partei-Schiedsgerichten, was die Angelegenheit nicht unbedingt einfacher oder schneller macht.

Doch auch wenn es wohl lange dauern dürfte, Sylvia Boher von ihren CSU-Posten und - so überhaupt gewünscht - von ihrem CSU-Parteibuch zu trennen, gibt es wiederum genügend Möglichkeiten, ihr Verhalten öffentlich zu missbilligen. Eine wäre der von der Zornedinger SPD beantragte Appell des Gemeinderates an die frühere Ortsvorsitzende, ihr Mandat als Gemeinderätin niederzulegen. Eine andere der Ausschluss aus der CSU-Fraktion im Gemeinderat, dazu reicht eine Zweidrittelmehrheit der Mitglieder.

Damit es aber dazu kommt, bedarf es etwas, was man in Zorneding bislang vergeblich gesucht hat: Eine klare Distanzierung der Parteifreunde Bohers von ihrer Ex-Ortschefin. Die Gelegenheit dazu hätte die CSU am Donnerstag, wenn über den Antrag der SPD beraten wird. Vielleicht verhalten sich die Christsozialen dann ja, wie man es auch aus Familien kennt: Wer sich ständig allzu wunderlich aufführt, wird zwar nicht hinausgeworfen, aber zu wichtigen Ereignissen einfach nicht mehr eingeladen.

© SZ vom 15.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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