Kommentar:Wirte mit Werten

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Die Wirte im Landkreis Ebersberg, die dem Vortrag des AfD-Politikers Martin Hohmann eine Absage erteilten, haben Anstand bewiesen

Von Victor Sattler

Wo der Wirt vor der Tür steht, ist die Kneipe leer", warnt ein spanisches Sprichwort. Was wie eine Selbstverständlichkeit anmutet, die ein BWL-Professor seiner Präsentation zum Thema Wettbewerbsstrategie voranstellen würde, enthält eine ökonomische Tücke: Manchen Gästen ist eine ruhige Kneipe vorzuziehen. Auch und gerade mit Blick in die Zukunft.

Die Wirte im Landkreis, die dem Vortrag des AfD-Politikers Martin Hohmann eine Absage erteilten, dürfen vor allem in punkto Anstand saftige Gewinne verbuchen. Indem sie von ihrem Hausrecht Gebrauch machen, schützen sie nicht bloß das politische Klima an den Stammtischen ihrer Gasthöfe, sondern weit darüber hinaus: Denn der Mensch ist zwar, was er isst, manchmal wird er aber auch zu dem, was er sich beim Essen alles anhören muss.

Kalorien und Parolen sind beide von einer besonderen Hartnäckigkeit und müssen erst wieder abtrainiert werden. Den wahren Gehalt von Hohmanns Reden übersieht man, angesichts der vertrauten Stube, dann leicht mal. So auch die 120 Zuhörer, die ihm 2003 lauschten, ohne das Gesicht zu verziehen. Heute sind die meisten sensibilisiert dafür, wie einzelne es schaffen, völkisches Gedankengut neu zu verpacken. Sie müssen Martin Hohmann ins Wort fallen, wenn er einem "Weltjudentum" seine Liste an Verbrechen und diffusen Einflüssen vorhält, nur um sie dann, in einem Atemzug mit dem Nationalsozialismus, zu verzeihen. Diese Aufgabe des Ins-Wort-Fallens liegt nicht allein beim Wirt, sondern bei allen. Auch die AfD täte gut daran, zu erkennen, dass die Verstoßenen der CDU nicht immer Partei-Asyl verdienen - erst recht nicht ohne gründliche Prüfung ihrer politischen Gesinnung.

Den Wirten, die ihre Gasthöfe auf Säulen der Meinungsfreiheit gebaut haben, darf man ohnehin keinen Vorwurf machen: Auch sie verteidigen ein Grundrecht. Nur werden sie, wenn sie den Kurs beibehalten wollen, ihn in all seiner Konsequenz durchstehen müssen. Nach Martin Hohmann klopfen vielleicht noch ganz andere an ihre Türen.

Bei all den nachvollziehbaren Positionen sollte das Profitstreben auf jeden Fall beiseitegelassen werden. Wer sich erst breitbeinig in seine Tür stellt, um danach an der Verköstigung der ungebetenen Gäste doch zu verdienen, darf ruhig mit dem öffentlichen "Aha" bedacht werden, das er aus Image-Gründen so dringend vermeiden wollte.

© SZ vom 05.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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