Kommentar:Weiter gegen die Krise

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Es muss mehr gebaut werden, aber nicht zum Zwecke der Geldvermehrung. Was bedeutet, dass vor allem auch die öffentliche Hand gefragt ist. Allerdings spielen die Gemeinden nicht immer mit

Von Wieland Bögel

Wenn derzeit von Krise die Rede ist, geht es meistens - natürlich - um Corona. Was nicht heißt, dass es keine anderen gäbe, etwa die Wohnungskrise. Diese hat lange vor Corona begonnen und wird wohl auch noch länger zu spüren sein, hier ist kein Impfstoff in Sicht. Beziehungsweise in zu geringen Mengen verfügbar, denn Gegenmittel sind ja durchaus bekannt, es hapert aber oft an der Anwendung.

Manchmal, weil diese umstritten ist, wie bei der Frage, ob der Staat regulierend in den Mietmarkt eingreifen darf. Ja, sagen die einen, schließlich sei vielerorts längst ein Zustand erreicht, der an Wucher grenze und dagegen dürfe und müsse vorgegangen werden. Nein, sagen die anderen, eine staatlich verordnete Mietpreisbegrenzung - die auch funktioniert - würde Investitionen unattraktiv machen, so dass weniger gebaut und das Problem des Mangels verschärft würde. Wer nun recht hat, entscheidet sich oft danach, welcher gesellschaftlichen Schicht Gerichte und Politik eher zuneigen, wie sich etwa an den unterschiedlichen Herangehensweisen in der Bundeshauptstadt und im Freistaat zeigt. Welche davon letztlich das Problem eher löst, wird sich erst in ein paar Jahren zeigen - vermutlich wird die Antwort dann lauten: Keine davon. Denn sowohl die Gegner regulierter Mieten haben recht, wenn sie betonen, dass so keine einzige neue Wohnung entsteht, als auch die Befürworter, die fordern, Wohnraum dürfe nicht der Gewinnmaximierung weniger dienen.

Die Synthese kann daher nur lauten: Es muss mehr gebaut werden, aber nicht zum Zwecke der Geldvermehrung. Was bedeutet, dass neben Genossenschaften die öffentliche Hand gefragt ist. Der Landkreis Ebersberg versucht sich darum seit gut vier Jahren als neuer Mitspieler auf dem Wohnungsmarkt, leider sind die Ergebnisse bislang eher überschaubar: 28 bezahlbare Wohnungen sind seit der Gründung der WBE entstanden, geht alles glatt, könnten es zum fünfjährigen Jubiläum knapp 50 sein. Was nicht an der WBE liegt, diese würde schon mehr bauen, wenn sie wüsste, wo. Die Gemeinden knausern aber mit ihren Grundstücken, die wenigsten, weil sie dort selbst günstige Wohnungen bauen wollen. Oft geht es um bessere Verwertbarkeiten am Markt, gelegentlich hört man auch gewisse Vorbehalte gegen Menschen, die sich die ortsübliche Miete nicht leisten können. Das könnte zum Problem werden, denn nicht nur in Pandemie-Zeiten sind die sogenannten Systemrelevanten nicht unbedingt die Spitzenverdiener.

© SZ vom 22.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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