Kommentar:Warnungen ignoriert

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Der Landkreis wollte die Kommunen entlasten und gleichzeitig ambitionierte Großprojekte auf den Weg bringen. Jetzt bekommt er dafür die Quittung

Von Wieland Bögel

Zwischen Ursache und Auslöser zu unterscheiden, ist nicht immer ganz einfach. Manchmal werden die beiden verwechselt, auch bei der Entwicklung der Kreisfinanzen kann dies leicht passieren. Dass diese derzeit etwas schief hängen, hat natürlich mit der Corona-Krise und den damit einhergehenden wirtschaftlichen Verwerfungen zu tun. Nur sind diese eben Auslöser und nicht Ursache der Probleme - die sind nämlich seit Jahren bekannt und werden ebenso seit Jahren konsequent ignoriert.

Ganz konkret geht es darum, dass die Einnahmen des Landkreises mit dessen tatsächlichen und geplanten Ausgaben nicht Schritt halten. Teilweise ist dies übergeordneten Entwicklungen geschuldet, zum Teil ist es aber auch hausgemacht. Zu den nicht beeinflussbaren Faktoren zählen etwa die stetig steigenden Kosten für Pflichtaufgaben, weil höhere Verwaltungsebenen an die unteren delegieren, ohne gleichzeitig deren Finanzierung zu verbessern. Auch dass der Zuzug in den Landkreis immer mehr Aufgaben und Kosten für dessen Behörden mit sich bringt, kann die Kreispolitik nicht beeinflussen. Sehr wohl aber Einfluss haben die Kreistagsmitglieder darauf, welche Projekte man angehen will, wie groß diese ausfallen und wie gehäuft. Hier muss man feststellen, dass sich der Landkreis in den vergangenen Jahren kräftig überhoben hat. Fast schon auf jeder Kreistagssitzung waren neue, größere, teurere Vorhaben zu bestaunen - doch im Gegenzug wurde die Kreisumlage nicht etwa erhöht, sondern immer weiter gesenkt. Hätte man noch den Hebesatz von vor einem Jahrzehnt, hätte der Landkreis heuer gut sechs Millionen Euro mehr in der Bilanz, kommendes Jahr sogar bis zu sieben.

Nun spricht nichts dagegen, wenn ein Landkreis seine Kommunen entlasten will, genauso wenig wie gegen ein ambitioniertes Investitionsprogramm. Nur geht eben beides nicht zusammen. Eine Tatsache, welche die Kämmerei in den vergangenen Jahren stets verlässlich betont hat, auch ohne Corona hätte es daher irgendwann geknallt. Nun kann die Politik dem Virus fast dankbar sein: Wenn ein paar Wunschprojekte vergangener Jahre nicht umgesetzt werden können, ist schließlich am Ende Corona schuld - jedenfalls, wenn man es mit Ursache und Auslöser nicht so genau nimmt.

© SZ vom 21.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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