Kommentar:Vorbild im Zwielicht

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Schade, dass Ausgezeichnete und Auszeichner in einem engen Verhältnis zueinander stehen. So bekommt der Energiepreis ein "Gschmäckle", über das der eine oder andere die Nase rümpfen könnte

Von Wieland Bögel

Auch Menschen, denen der alemannische Zungenschlag nicht in die Wiege gelegt wurde, kennen zumindest ein Idiom aus dem Südwesten, es lautet "Gschmäckle". Gebraucht wird diese verniedlichende Form eines Sinneseindrucks, wenn etwas nicht offensichtlich illegal ist, aber durchaus sein könnte, eben im übertragenen Sinne "komisch riecht". Nicht weil gemauschelt und getrickst wurde, dies aber nicht zweifellos auszuschließen ist. Ein bisschen Naserümpfen in diesem Sinne löst auch der nun vergebene Energiepreis des Landkreises aus.

Das mit Platz eins ausgezeichnete Projekt hat den Preis mit Sicherheit verdient. Die Umrüstung möglichst vieler alter Häuser auf den neuesten Stand des Energiesparens ist ja genau das, was der Landkreis für die Erfüllung seiner ehrgeizigen Klimaziele braucht und daher fördern und unterstützen sollte. Nicht ganz so ausgezeichnet ist leider die enge Verbindung, in der Auszeichnende und Ausgezeichnete zueinander stehen. Die Preisträgerin ist Mitarbeiterin der Energieagentur, diese wiederum ist eine gemeinnützige Gesellschaft im Besitz mehrerer Kommunen und des Landkreises - also des Verleihers des Energiepreises. Auch wenn die Gesellschaft formell eigenständig ist: Letztlich hat der Kreis eine seiner Mitarbeiterinnen ausgezeichnet. Dass diese Auszeichnung auf krummen Wegen zustande kam, will niemand unterstellen und es ist auch höchst unwahrscheinlich. Wahrscheinlich ist das energetisch fit gemachte Haus tatsächlich das beste Projekt, das heuer zur Abstimmung stand. Dennoch, wer es böse meinen und "Schiebung" schreien will, kommt hier voll auf seine Kosten.

Solche Vorwürfe und Verdächtigungen, wie ungerechtfertigt sie auch sein mögen, sollte man nicht aufkommen lassen. Daher gibt es bei Preisausschreiben und Gewinnspielen meist den Hinweis, alle dürften mitmachen, außer Mitarbeitern und deren enge Angehörige. Für die Zukunft wäre es auch im Sinn der Sache, einen ähnlichen Passus für den Energiepreis zu formulieren. Denn solche Aktionen sollen Vorbildwirkung entfalten und leben somit von ihrem Ruf. Wenn sich dieser in den Ruch der Schiebung verwandelt, gerät auch das, wofür eigentlich geworben werden soll - die Energiewende nämlich - ins Zwielicht. Gerade in einer Zeit des "die da oben machen doch eh was sie wollen" sollte man alles tun, um auch den geringsten Grund für Naserümpfen zu vermeiden.

© SZ vom 01.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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