Kommentar:Von wegen Transparenz

Lesezeit: 1 min

Die Ansage, in Sachen Transparenz neue Kapitel aufzuschlagen, hat Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) bislang nicht eingehalten. Stattdessen landen unbequeme Themen auffällig häufig auf der Tagesordnung der nichtöffentlichen Sitzungen

Von Thorsten Rienth

Zuerst wurde herumgedruckst. Dann, als der rapide Kostenanstieg von 840 000 Euro für den Elkofener Kanal nicht mehr zu leugnen war, von Routine gesprochen. Nun werde die Nachvollziehbarkeit der Rechnung geprüft - alles ganz normal. Doch die Coolness, mit der Grafings Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) am Montag reagiert hatte, war bis zur Stadtratssitzung am Dienstagabend verflogen.

Grund war, dass die Mehrkosten im vorangegangenen Bauausschuss lediglich im nichtöffentlichen Teil der Sitzung thematisiert wurden - sie aber trotzdem ihren Weg an die Öffentlichkeit fanden. "Das empört mich", schimpfte Obermayrs Grünen-Kollegin Christiane Goldschmitt-Behmer. Wohlgemerkt meinte sie nicht die Kosten selbst. Sondern den Informationsfluss darüber.

Die Grünen hätten also lieber einen anderen Ablauf gesehen: Dabei wäre der Stadtrat lediglich hinter verschlossenen Türen über die zusätzlichen 840 000 Euro informiert worden. Für den Fall, dass Grafing sie tatsächlich hätte anweisen müssen, wäre der Betrag als eine von vielen Kostenstellen in der Stadtwerkebilanz untergegangen. Zumindest bis zur nächsten Gebührenüberprüfung.

Niemand verlangt von Bürgermeisterin Obermayr, die Kopie einer fragwürdigen Rechnung öffentlich auf den Tisch zu legen. Sehr wohl aber dürfen die Grafinger einfordern, über die Grundzüge der Streitigkeit und die nächsten Schritte der Stadt unterrichtet zu werden. Immerhin sind sie über ihre Gebühren die Finanzierer der Stadtwerke.

Obermayr und praktisch der gesamte Stadtrat waren vor drei Jahren mit der Ansage angetreten, bei der Transparenz neue Kapitel aufzuschlagen. Von der Informationsfreiheitssatzung abgesehen ist wenig besser, aber vieles schlechter geworden: Von der in Schammach geplanten Asylbewerberunterkunft erfuhren die Grafinger genauso nur über "Leaks", wie vom großzügigen Verzicht auf Gewerbesteuernachforderungen bei zwei Grafinger Unternehmern und den Zweifeln an der ausreichenden Größe des Wasserschutzgebiets. Nun sollen gestiegene Kanalbaukosten unter der Decke der Verschwiegenheit verschwinden. Das Problem im Grafinger Stadtrat ist nicht die Tatsache, dass solche Nachrichten dennoch an die Öffentlichkeit kommen. Sondern dass unbequeme Themen im Zweifel lieber auf die nichtöffentliche Tagesordnung gesetzt werden. Und ein Stadtrat, der das offenbar für richtig erachtet.

© SZ vom 07.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: