Kommentar:Verdiente Ehre

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Otto Dresslers Werke sind nun Teil des Stadtbildes von Ebersberg - Zeit wird's

Von Anja Blum

Otto Dressler war ein unbequemer Künstler. Einer, der den Menschen gerne provokant den Spiegel vorhielt mit seinen Werken und Aktionen, der hinter der deutschen Wohlstandsdemokratie die Saat von Gewalt und Absolutismus aufgehen sah. Der Eindruck der nationalsozialistischen Diktatur und ihrer Folgen hat ihn sein Leben lang nicht losgelassen. Die Menschen - gerne wählte Dressler öffentliche Plätze wie Bahnhöfe, Flughäfen oder Universitäten für seine Kunstaktionen - reagierten oftmals verstört, teils sogar höchst aggressiv: Dressler wurde angegriffen, auf eine seiner Ausstellungen Brandanschläge verübt. Freunde machte sich der Künstler jedenfalls nicht überall, auch nicht in seiner Heimatgemeinde Moosach, wo er 44 Jahre lang bis zu seinem Tod gelebt hatte, war er "nicht unbedingt immer verstanden", wie Willi Mirus vom dortigen Kulturkreis einmal über ihn sagte. Gerade in Moosach, das auf eine bewegte Tradition als Künstlerdorf zurückblicken kann.

Obwohl Dressler der bekannteste Künstler ist, den der Landkreis zu bieten hat - er wirkte an mehr als 230 Ausstellungen und Kunstaktionen weltweit mit, war Vorsitzender des Bundesverbandes Bildender Künstler und wurde mit dem Bundesverdienstkreuz erster Klasse ausgezeichnet - hat es in Moosach lange gedauert, bis ihm dort eine zumindest kleine Ehre zu teil wurde: Zum Ehrenbürger konnte er posthum nicht ernannt werden, das verbietet die Gemeindeordnung. Also fand man nach langem Ringen eine andere Lösung: Keine Ausstellung, kein Denkmal ist ihm nun gewidmet, nein, ein 190 Meter langer Weg in Altenburg wurde 2013 nach Otto Dressler benannt. Also sieben Jahre nach seinem Tod und zu einem Zeitpunkt, als die Witwe, die sich immer für ein Erinnern an ihren Mann eingesetzt hatte, aus gesundheitlichen Gründen bereits nicht mehr in Moosach lebte.

Umso höher ist nun also das Verdienst Antje Berberichs einzustufen: Die Hüterin kulturellen Erbes aus Ebersberg war mit den Dresslers befreundet und hat es sich wie so oft zur Aufgabe gemacht, die Erinnerung an deren Schaffen lebendig zu halten. Dank ihres Einsatzes stehen nun die ersten Werke Otto Dresslers im öffentlichen Raum - in Ebersberg, nicht in Moosach. Sowohl die Stadt als auch der Landkreis waren bereit, für dieses Projekt Geld und Platz zur Verfügung zu stellen. Das sollte den Moosachern zu denken geben.

© SZ vom 11.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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