Kommentar:Überzeugen statt spalten

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An der Debatte zum Klimanotstand im Zornedinger Gemeinderat zeigt sich, dass die Kommunalwahl naht. Dem Thema gedient hat sie aber eher nicht

Von Wieland Bögel

Es ist ja wahr: der Klimaschutz kommt nicht recht voran. Seit gut drei Jahrzehnten ist klar, dass etwas getan werden muss und auch was: den CO₂-Ausstoß reduzieren. Doch stattdessen passiert das Gegenteil, was bei denen, welche den Ernst der Lage erkannt haben, verständlicherweise zu Unmut führt. Da ist es verlockend, die Zögerer und Bremser, die Vertreter des "Weiter-so" und "Hilft-ja-doch-alles-nichts" mal so richtig als solche vorzuführen. Dieser Verlockung haben nun im Zornedinger Gemeinderat Grüne, SPD und Freie Wähler nicht widerstehen können. Ob sie sich damit einen Gefallen getan haben, wird sich Ende März zeigen. Dass sie der Sache, also dem Klimaschutz, einen Gefallen getan haben, kann man aber schon jetzt bezweifeln.

Letztlich ging es um ein Wort: Soll man jetzt den "Klimanotstand" ausrufen oder sich lieber zur "Klimaschutzregion" erklären? Die Folgen wären in beiden Fällen dieselben gewesen: Die Gemeinde verpflichtet sich, mehr für den Klimaschutz zu tun und überprüft regelmäßig, ob man diesem Ziel auch näherkommt. Ein Vorgehen, dem neben SPD, Grünen und Freien Wählern zumindest auch die FDP und Bürgermeister Piet Mayr, vielleicht auch Teile seiner CSU zugestimmt hätten - wenn es nicht unter der Überschrift "Klimanotstand" stehen würde. Doch es kam anders, die Grünen bestanden auf der Formulierung, SPD und Freie Wähler hatten zumindest nichts dagegen, der Antrag ging durch, gegen FDP, CSU und Bürgermeister.

Dass die Grünen hier ein mehr oder weniger geschicktes Wahlkampfmanöver durchgezogen haben, dem sich zwei andere Fraktionen gerne anschlossen, ist offensichtlich. Und man braucht keine allzu tiefe Kennerschaft der Kommunalpolitik, um zu wissen, dass solche Aktionen - auch Provokationen - ein knappes Dreivierteljahr vor der Gemeinderatswahl zum politischen Alltag gehören. Nur stellt sich die Frage, ob dies bei einem Thema wie dem Klimaschutz unbedingt nötig und hilfreich war. Schließlich ist das Wort Klimanotstand, oder wie man es auch immer nennen will, kein Selbstzweck, sondern soll vor allem eine Signalwirkung haben und Leute von der Notwendigkeit des Klimaschutzes überzeugen. Ob das gelingt, wenn man alle, die bei dem Thema nicht so schnell sind wie man selbst, als Ignoranten hinstellt, oder ob man sie damit in die Arme jener treibt, für die Klimawandel Desinformation von "Öko-Fundis" ist, mag jeder für sich entscheiden.

© SZ vom 27.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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