Kommentar:Späte Rechnungen

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Dass Kosten von Großprojekten nachträglich steigen, ist eigentlich nichts Besonderes.

Von Thorsten Rienth

575 000 Euro soll Grafing für die Verlegung eines 200 Meter langen Abschnitts seiner Hauptversorgungstrinkwasserleitung unter die Rotter Straße bezahlen. Dass sich der Bauausschuss darüber am Dienstag ordentlich echauffierte, ist nachvollziehbar. Die 500 000 Euro, um die Grafing im Frühjahr gegen Widerstände seinen Vermögenshaushalt zusammenstrich, wären damit wieder weg.

Trotzdem ist das, was da aktuell an der Grafinger Ostumfahrung passiert, gar nichts Besonderes. Großprojekte werden eben in aller Regel teurer. Das ist eine Frage der politischen Kultur, wie auch des politischen Systems; weil Kosten am Anfang eben tendenziell kleingerechnet werden (müssen), um das gewünschte Projekt überhaupt irgendwie durchs Genehmigungsprozedere zu manövrieren. Am Ende ist die Summe der einzelnen Rechnungen dann meist höher. Oder es kommen Nebenkosten hinzu, die vorher in keinem Voranschlag standen.

Letzteres ist die Kosten-Kategorie der neu zu verlegenden Grafinger Hauptversorgungstrinkwasserleitung. "Warum war das kein Thema in der Ostumfahrungsdebatte?", raunzte BfG-Stadtrat Heinz Fröhlich im Bauausschuss. Einhelliges Schulterzucken. Hatte man halt nicht auf dem Schirm. Das schließt natürlich die Frage an, ob von der Leitung deshalb nie die Rede war, weil es niemand wusste? Oder weil es jemand wusste, das aber lieber nicht sagen wollte? So konnte die Kommunikationsleitlinie bleiben: Der Freistaat zahlt's ja.

Doch das tut er eben nicht gänzlich. Deshalb sieht die realpolitische Perspektive heute etwa so aus, wie es die Grünen-Fraktionschefin Christiane Goldschmitt-Behmer formulierte. "Die Mehrheit wollte die Straße. Man hat gewarnt. Keiner wollte das hören. Jetzt muss man das halt zahlen." Gleichwohl war es bei den einstigen Warnungen um deutlich kleinere Beträge gegangen, als die nun drohenden 575 000 Euro.

Trotzdem werden sie nicht die letzten Mehrkosten sein: Für den verbesserten Lärmschutz kommen noch Rechnungen. 90 000 Euro machte eine Stadtratsmehrheit locker für eine Abbiegespur für eine möglicherweise einmal kommende Sportstättenanbindung. Freiwillig, wohlgemerkt. Wird sie gebaut, sind laut Stadtverwaltung weitere 500 000 Euro fällig.

© SZ vom 22.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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