Kommentar:Selber machen und kennenlernen

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Viele Leute haben unrealistische Vorstellungen von der Landwirtschaft, etwas Praxis auf dem Feld könnte dem entgegenwirken

Von Wieland Bögel

Dass es wirklich viele Leute gibt, die glauben, Kühe seien lila, Milch wachse in Kartons und die natürliche Haut von Obst und Gemüse bestehe aus Plastik, darf man getrost in den Bereich der Überspitzung und Übertreibung verweisen. Aber dass es genügend Leute gibt, die von der Arbeit in der Landwirtschaft sehr wenig Ahnung haben, zeigen die in regelmäßigen Abständen aufkommenden Debatten um die Produktion von Nahrung. Die natürlich nicht zu teuer sein darf, aber auch umwelt-, tierschutz und klimagerecht ohne dabei die Landschaft in irgendeiner Form zu beeinträchtigen. Gegen diese - mit einer Vehemenz, die oft umgekehrt proportional zur Sachkenntnis steht, vorgetragene - Überzeugung, das sei alles gleichzeitig möglich, wirkt die Vorstellung von lila Kühen ziemlich harmlos. Gegen die Ahnungslosigkeit das Landleben im Allgemeinen und die Landwirtschaft im Besonderen betreffend hilft aber nichts so nachhaltig wie: Selbermachen.

Was immer mehr Leute auch tun, so gibt es seit Jahren auch im Landkreis die "Sonnenäcker" der Initiative "Unser Land". Dort können alle, die wollen, anbauen, was sie wollen - aber eben nicht wie sie wollen. Chemie ist tabu, sowohl als Pestizide wie als Dünger. Die Tomate auf dem eigenen Feld muss also durch Handarbeit dazu gebracht werden, gesunde und essbare Früchte wachsen zu lassen - was, wenn es gelingt, neben dem einen oder anderen Teller Caprese auch eine Erkenntnis liefert: Essen anzubauen macht Arbeit. In die gleiche Richtung geht auch der Ansatz der solidarischen Landwirtschaften. Zwar holen sich die Vereinsmitglieder Hilfe von Profis, aber der langfristige Plan ist, so viel wie möglich selber zu machen.

Dies könnte nicht nur Gemüse sondern vielleicht auch ein anderes Verständnis für die Landwirtschaft reifen lassen. Denn über "die" Landwirte redet es sich gleich ganz anders, wenn man selber einer davon ist.

© SZ vom 04.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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