Kommentar:Schließ! Dich! An!

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Diese Werbeschildchen für die Deutsche Glasfaser zieren neuerdings Zornedinger Vorgärten. (Foto: Anselm Schindler)

Die Kundenwerbung für die neuen Glasfaseranschlüsse in Zorneding schießt über das Ziel hinaus

Von Karin Kampwerth

Natürlich ist es schön, ein Tablet zu gewinnen, mit dem man möglichst per schnellem Internet durch die Online-Welt surfen kann. An dem Preisausschreiben der Firma Deutsche Glasfaser dürfen Zornedinger teilnehmen, die ihre Bereitschaft erklären, sich an ein geplantes Glasfasernetz anschließen zu lassen - und die sich ein Werbeschild gut sichtbar in die Vorgartenrabatten stecken. Darauf steht nicht nur "Wir sind bereit für die Zukunft", sondern auch die provokante Frage an Passanten und Nachbarn: "Und du?"

Das Bekenntnis zum Aufbruch in die digitale Zukunft ist das eine. Die Aktion an sich aber überschreitet eine Grenze - wenigstens die des guten Geschmacks. Denn bei aller Sinnhaftigkeit des Unterfangens hat diese Vorgehensweise etwas Denunziantenhaftes. Sie basiert auf der Hoffnung, Druck auf jene Zornedinger aufzubauen, die aus welchen Gründen auch immer das Angebot der Deutschen Glasfaser so attraktiv nicht finden. Denn auch wenn beim Erreichen der erforderlichen Anschlussquote von 40 Prozent die Vorarbeiten kostenlos sind, umsonst ist das Ganze natürlich nicht. Wer einen Vertrag unterzeichnet, bindet sich für zwei Jahre an das Unternehmen und zahlt dafür 34,95 monatlich inklusive Internet-Telefonie. Nach zwei Jahren verlängert sich für jene das Angebot, die nicht kündigen. Es kostet dann 47 Euro monatlich. Selbst, wenn das ein fairer Preis sein sollte: In Ordnung ist es nicht, über eine scheinbar freundliche Werbeaktion Zornedinger bloßzustellen, die einen Anschluss ablehnen. Und im schlimmsten Fall Nachbarn gegeneinander aufzuhetzen, weil die ohne Schildchen als Verweigerer geoutet sind, die man bei Nichterreichen der Quote für die langsame Leitung verantwortlich machen kann.

Nachdenklich macht darüber hinaus das außerordentliche Engagement des Bürgermeisters für ein kommerzielles Unternehmen. Erst vorige Woche hatte Piet Mayr per Postwurfsendung noch einmal eindringlich dafür geworben, sich anschließen zu lassen. Freilich mit der Begründung, dass später alles viel teurer werden könnte. Nur mal so zum Vergleich: Als seinerzeit der letzte Supermarkt am Herzogplatz schloss, gab es keinen Brief aus dem Rathaus mit der Aufforderung, man möge doch bitte bei Edeka einkaufen, da sonst die Lebensmittelnahversorgung in der Ortsmitte in Gefahr ist. Aber zurück zu den Vorgartenschildern. Es gibt Menschen, die sich durch derlei fragwürdige Aktionen unter Druck gesetzt fühlen und - bei aller Sinnhaftigkeit - etwas unterschreiben, was sie gar nicht wollen. Man könnte das Gruppenzwang nennen.

© SZ vom 02.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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