Kommentar:Schlechte Begründung

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Für eine frühere Aufstellung des Haushaltes gibt es gute Gründe - aber die Behauptung, dass dadurch die Steuern niedriger ausfallen ist Unfug.

Von Thorsten Rienth

Der Vorschlag der Grafinger CSU ist grundsätzlich kein schlechter: Würde der städtische Haushalt nicht erst im April verabschiedet, ließe sich das ganze Fiskaljahr besser planen. Um eine bessere Planbarkeit geht es der CSU aber gar nicht, wie sie in der Begründung des Antrags offenbart. Sondern darum, sich als Steuerverhinderungsfraktion zu präsentieren. Dieses durchschaubare Manöver macht den Antrag dann eben doch: ziemlich schlecht. Seine wesentlichen Aussagen basieren auf mindestens fragwürdigen Kausalitäten.

Mitnichten hat der Anstieg der Verschuldung zum Beispiel irgendetwas mit dem Terminplan der Haushaltsaufstellung zu tun. Nimmt die Grafinger Verschuldung zu, dann liegt dies an den - stets vom Stadtrat selbst - beschlossenen Projekten. Obendrein ist die angebliche Dramatik der ständig ansteigenden Verschuldung auf den zweiten Blick so schlimm nicht: Ein beachtlicher Teil sind zurzeit rentierliche Schulden, also Investitionen von denen man sich eines Tages Einnahmen erhofft. Etwa aus den Grundstückskäufen für die Gewerbegebiets-Erweiterung - übrigens einer CSU-Herzensangelegenheit.

Genauso wenig stimmt die Verknüpfung, durch eine frühere Haushaltsaufstellung ließen sich etwaige Erhöhungen der Grundsteuer vermeiden. Die CSU spielt dabei auf die Erhöhung aus dem vergangenen Jahr an. Es war damals aber kein böser Stadtrat der dem armen Bürger mal wieder an die Tasche wollte. Hintergrund war eine Änderung im Finanzausgleichsgesetz (FAG). Die zog eine Steigerung der Umlagekraft nach sich, aus der die Kreisumlage berechnet wird. Bedeutete: Die Steuerkraft der Kommunen stieg, die Steuereinnahmen aber nicht. Wie die allermeisten anderen Landkreisgemeinden justierte Grafing deshalb nach und hob die seit langem nicht mehr wesentlich gestiegenen Grundsteuersätze an.

Dass Steuern und Gebühren unbeliebt sind, steht außer Frage. Sie lassen sich als zu hoch brandmarken, als ungerechtfertigt beschimpfen und sich ihre Verwendung als Verschwendung geißeln. Aber dann müssen im nächsten Satz auch stichhaltige Beispiele kommen. Genau die lässt der Antrag missen. Wenn die CSU Abgaben senken möchte, ist das eine berechtige politische Agenda. Aber dann muss sie auch den Mumm mitbringen und in Grafing vermeintlich Selbstverständliches zur Disposition stellen, dass von eben diesen Einnahmen finanziert wird: Das Eisstadion? Das Freibad? Die Volkshochschule? Die Zuschüsse an die Vereine? Die Antwort wäre ein Teil der Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit, die Grafings Christsoziale sonst so gerne von den anderen Fraktionen einfordern.

© SZ vom 11.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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