Kommentar:Schädliches Ping-Pong

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Die Schließung der psychosomatischen Station ist beschlossene Sache. Es wäre besser gewesen, hätte die Kreisklinik von vornherein mit offenen Karten gespielt

Von Anja Blum

Zu den zahllosen Dingen, die einen das Leben lehrt, gehört die Erkenntnis, dass die meisten Medaillen zwei Seiten haben. Nicht umsonst gibt es diese griffige Redewendung. Wissen sollte man aber auch, dass es nichts hilft, die unschöne der beiden Seiten zu ignorieren. Oder vor anderen zu verbergen. Geheimniskrämerei nämlich lässt Probleme meist noch viel schwerwiegender erscheinen, als sie eigentlich sind.

Für Stefan Huber jedoch, den Geschäftsführer der Ebersberger Kreisklinik, gehört es ganz unbedingt zu seinen Aufgaben, das glänzende Image des Hauses vor allen Schatten zu bewahren. Sein Ziel ist es, das Krankenhaus in der Öffentlichkeit stets vorbildlich dastehen zu lassen. Eine Nachricht wie die, dass die Klinik eine Station komplett aufgibt, passt da freilich so gar nicht ins Bild. Also gibt Huber eine Pressemitteilung raus, in der alle Vorzüge der künftigen Entwicklung wortreich dargestellt, ja fast beschworen werden. Und der damit einhergehende Verlust der Betten für psychosomatische Patienten schön säuberlich in Schachtelsätzen voller Fachbegriffe versteckt ist. Ein kleiner blinder Fleck, den bloß niemand entdecken soll.

Doch diese Rechnung geht - wer hätte es gedacht? - nicht auf. Vor allem die Betroffenen - Patienten, aber auch Fachärzte und Therapeuten - schlagen Alarm. Für sie ist die psychosomatische Station ein höchst wertvolles, man möchte fast sagen, alternativloses Angebot. Außerdem sehen sie den gesamten Behandlungsansatz an der Ebersberger Klinik in Gefahr.

Klar ist: Die Aufgabe einer Station bedeutet immer einen Verlust. Doch die Leitung der Klinik hat den Widerstand dagegen zusätzlich geschürt, indem sie das Thema alles andere als offensiv anging. Die Betroffenen sind mit Sicherheit auch deswegen so schockiert, weil sie aus der Zeitung von den Veränderungen erfahren mussten. Weil kein Schreiben in ihrer Praxis oder auf ihrem Nachttisch im Krankenhaus landete. Und, ganz wichtig, weil sie die Hintergründe der Entscheidung - die letztlich der Aufsichtsrat getroffen hat - nicht verstehen. Aber auch das ist ein Versäumnis der Verantwortlichen. Hätten diese von Anfang an mit offenen Karten gespielt, hätten sie auch die Möglichkeit gehabt, ihre Argumente gut vorbereitet und gebündelt in die Diskussion zu werfen.

So aber kam es zu einem schädlichen, weil verwirrenden und hoch emotionalen Ping-Pong aus Pressemitteilungen, Leserbriefen und offenen Schreiben zu dem Thema. Und die Klinik reagierte mit der berühmten Salamitaktik: Hier ein paar Begründungen, da ein paar Zahlen, aber ja nie so viel, dass es wirklich überzeugend gewesen wäre. Manchmal aber ist es besser, andere hinter die Kulissen schauen zu lassen, auch wenn dort nicht alles glänzt wie eine frisch polierte Medaille.

© SZ vom 26.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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