Kommentar:Poing hat den Schuss gehört

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Statistiken zum demografischen Wandel sind wichtig - noch wichtiger ist, daraus entsprechende Schlüsse zu ziehen

Von Johanna Feckl

Meistens ist es ja so, dass sich die Politik die Augen reibt und - huch! - auf einmal vor einer Herausforderung steht. Dabei gibt es den Beruf des Statistikers, dessen Arbeit solche Szenarien eigentlich verhindern würde, sofern man sie registriert und ernst nimmt. Es gibt beispielsweise diese Grafik, die wie eine Pyramide aussieht: Oben spitz zulaufend, nach unten hin immer breiter werdend. Sie zeigt die Altersstruktur in Deutschland: Wenig Alte, viele Junge. Schon seit Jahrzehnten aber verändert sich diese Grafik und sieht fortlaufend weniger wie eine Pyramide aus. Eher wie ein Tannenbaum, der wegen seiner Unförmigkeit als einziger beim Christbaum-Markt verschmäht bleibt. Die Alten werden immer mehr und immer älter, während die Jungen weniger werden - erst seit ein paar Jahren steigen die Geburtenraten wieder. Das schafft Herausforderungen: Wer kümmert sich um die Alten? Der Landkreis Ebersberg wird da keine Ausnahme sein.

Dass der Poinger Gemeinderat eine Untersuchung in Auftrag gegeben hat, die konkrete Zahlen ermittelt, mit der die Gemeinde in wenigen Jahren konfrontiert sein wird, ist daher der erste wichtige Schritt, den man gehen muss, will man verantwortungsvoll handeln. Die Gemeinde hat den Schuss gehört, den Statistiker schon seit einiger Zeit prognostizieren. Freilich sind die Daten Richtwerte - Schwankungen sowohl in die eine als auch in die andere Richtung sind wahrscheinlich. Aber es ist trotzdem ein Mittel, das einer erstaunten "huch!"-Reaktion vorbeugt: Es gibt Zahlen, anhand derer sich die Gemeinde nun orientieren kann, mit der sich planen und arbeiten lässt. Und die Maßnahmen erfordern.

Will man Senioren nicht vereinsamen oder gar verwahrlosen lassen, dann muss man eben etwas tun, um dem vorzubeugen. Eigentlich ganz einfach. Dass Poing ab kommendem Jahr eine zusätzliche Fachkraft in der Seniorenarbeit eingestellt wird, die hauptsächlich genau dafür zuständig sein wird, ist ein wichtiger Schritt dazu. Im Landkreis Ebersberg nimmt Poing hier eine Vorreiterrolle ein - wie schon 2016, als die Gemeinde als erste im Landkreis eine eigene Stelle für Asylfragen etablierte. Poing wird auch dieses Mal als erste Gemeinde schon bald einen mobilen Ansprechpartner haben, der zu den betagten Menschen ins Haus kommt, der einen Überblick über die Lebens- und Wohnsituationen der Senioren hat, sozusagen ein "Kümmersystem" aufbaut. Das muss es in jeder Gemeinde geben, sofern ihr die eigenen alten Bürgerinnen und Bürger tatsächlich ebenso wichtig sind wie die jungen.

© SZ vom 15.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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