Kommentar:Pauschales Besserwissen

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Es ist Stadträten unbenommen, gegen Steuererhöhungen zu sein. Dann aber sollen sie auch sagen, wo gespart werden könnte

Von Thorsten Rienth

Im Grafinger Stadtrat greift gerade ein fragwürdiger Trend um sich. Sein erstes Kennzeichen ist pauschales Herumgemosere an der Zusammensetzung des städtischen Haushalts. Das zweite ist das Unvermögen der Kritiker, Alternativvorschläge zu präsentieren. Beides eint in Grafing gerade zwei Fraktionen, die sich sonst beinahe spinnefeind sind, nämlich die von CSU und dem Bündnis für Grafing (BfG).

Im Namen der CSU wollte sich Fraktionschef Max Graf von Rechberg bei all jenen beliebt machen, die Steuern grundsätzlich für Gängelei halten. Man könne doch nicht immer dem Bürger an die Tasche gehen, rief er bei der Haushaltssitzung öffentlichkeitswirksam in die Stadtratsrunde. Was für ein Populismus: Für den durchschnittlichen Grafinger Hausbesitzer geht es um nicht mehr als ein paar Euro im Jahr - ein geradezu lächerlicher Betrag, der angesichts des schier unglaublichen Wertzuwachses der Grundstücke längst mehr als gegenfinanziert ist.

Sollte die CSU sich dennoch weiter zum Verhinderer der Steuererhöhung aufschwingen wollen, so ist das freilich ihr gutes Recht. Aber dann sollte die immerhin größte Fraktion im Stadtrat auch Vorschläge bringen, auf welche Posten sie im Gegenzug bereit wäre zu verzichten. Auf das nächste Feuerwehrauto? Den Zuschuss für den Betrieb des Eisstadions? Oder doch lieber auf die Unterstützung der Grafinger Vereine?

Das andere Ende des politischen Stadtratsspektrums, das Bündnis für Grafing (BfG), war allerdings auch nicht besser. Das Bündnis verweigerte dem Haushalt unter anderem mit der pauschalen Begründung die Zustimmung, es könne die nötigen Sanierungsausgaben für die Stadthalle nicht nachvollziehen. Auch das kann man im politischen Wettstreit durchaus so sehen. Konsequent aber wäre dann der Antrag, die Stadthalle zu schließen. Ein solcher Vorstoß würde übrigens auch zur Transparenz der politischen Absichten beitragen, die das Bündnis sonst bei jeder Gelegenheit anmahnt.

© SZ vom 20.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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